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zerpflückten es gleichsam und stopften es mit vorgehaltener Hand in den
lechzenden Mund. Aber wie waren ihre Zungen beschaffen, ihre Gaumen?
Wie schmeckten sie? Manchmal, wenn sie jubelten, war es eine Drohung, und
nicht anders klang ein Zuruf der Erbitterung.
Er liebte sie nicht. Er fürchtete sich vor ihnen, Theodor Lohse. Seine eigene
Furcht haßte er. »Herr Leutnant Lohse«, sagte Benjamin Lenz, »das ist das
deutsche Volk, für das Sie zu arbeiten glauben. Die Offiziere in den Kasinos
sind nicht das Volk.« Und Benjamin Lenz freute sich. So war es in Europa,
wo man nicht sprach, was man tat, und umgekehrt. Wo einer Offiziere und
Studenten für das Volk hielt. Europa, in dem es Nationen gibt, die keine
Völker sind.
Und dann begab sich Benjamin Lenz zu Trebitsch und erzählte von
Theodor Lohses Entwicklung und Verrat. Er hatte selbst längst schon
verraten, was er durch Theodor erfahren, der Benjamin Lenz. Und Trebitsch
warnte er: noch einige Tage, und Lohse verrät Waffenlager, Marinellis
Befreiung, Beziehungen der Reichswehr; Gewehre des Bismarck-Bundes.
Benjamin Lenz war sehr froh. An diesem Abend legte er Geldscheine in
einen Umschlag und schickte sie seinem Bruder.
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Buch Das Spinnennetz"
Das Spinnennetz
- Titel
- Das Spinnennetz
- Autor
- Joseph Roth
- Datum
- 1923
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 93
- Schlagwörter
- Roman, Geschichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1 5
- Kapitel 2 10
- Kapitel 3 14
- Kapitel 4 17
- Kapitel 5 21
- Kapitel 6 24
- Kapitel 7 30
- Kapitel 8 32
- Kapitel 9 36
- Kapitel 10 39
- Kapitel 11 42
- Kapitel 12 44
- Kapitel 13 47
- Kapitel 14 50
- Kapitel 15 52
- Kapitel 16 54
- Kapitel 17 57
- Kapitel 18 59
- Kapitel 19 61
- Kapitel 20 64
- Kapitel 21 67
- Kapitel 22 69
- Kapitel 23 73
- Kapitel 24 76
- Kapitel 25 79
- Kapitel 26 81
- Kapitel 27 83
- Kapitel 28 86
- Kapitel 29 89
- Kapitel 30 92