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Lübbe eine Pause, atmete hörbar und las ein Telegramm Ludendorffs vor. Und jedesmal sprach einer Worte, papierne Worte, europäische Worte. Es war Benjamin, als hätte er selbst diese Hochzeit bestellt, ihm führten die Europäer ein lächerliches Stück ihres Lebens vor, damit er sich amüsiere. Er amüsierte sich. Über den Pfarrer, der mit Ergebenheit, als ließe er Schreckliches über sich ergehen, jedesmal neuen Wein in sein Glas goß und immer schweigsamer wurde und aus schwimmenden Augen Blicke zu Gott schickte, flehende Blicke, demütige Blicke. Laut war der Oberst, er mußte eine schwache Blase haben, er rückte seinen Stuhl, verschwand immer und kam nach einigen Minuten wieder mit einem Witz, und die Offiziere lachten dreimal scharf und kurz und sachlich. Wie schüchterne, kleine Tiere huschten die Augen der alten Frau Lohse, die rechts neben dem Obersten saß, und wenn er etwas sagte, lächelte sie, und wenn er zur alten Frau v. Schlieffen sprach, war sie froh, daß sie den Obersten nicht anzusehen brauchte, und sie schaute Theodor an, Theodor und die Braut. Und die Frau v. Schlieffen trug eine strenge Potsdamfrisur, ihre Haare waren straff nach oben gekämmt und ließen die gelben, dürren Ohren frei, die aussahen wie alte Blätter, und der Anblick ihres Haarknotens schmerzte den Betrachter. Wie scherzte Theodor, er erzählte seiner Braut Anekdoten, denn er mußte sprechen. Und wenn er Gleichgültiges sagte, lachte Elsa, denn sie mußte sich unterhalten. Er war stolz. Schön war seine Braut, aber er dachte manchmal an Frau Efrussi, und tief, in geheimsten Tiefen wälzte er die Frage: ob sie schöner, besser sei als Elsa. Diese Jüdin ärgerte ihn. Alles ärgerte ihn. Obwohl er eigentlich froh sein sollte. Er nahm eine v. Schlieffen zur Frau. Seinetwegen gab sie den Adel auf, vertauschte den alten klingenden Namen mit einem schlichten, wenn auch oft und rühmlich genannten. Die ersten Monate waren gesichert, eine stille Wohnung war gemietet, die Aktien hatte Benjamin, der Treue, gegen Devisen umgetauscht. Jetzt, morgen ging er in sein Heim. Übermorgen, die nächsten Tage und Wochen blieb er dort. Die nächsten Tage und Wochen lagen vor ihm freudenreich, seine Nerven brauchten Erholung. »Du mußt dich erholen, Liebster«, sagte Elsa. Er mußte sich erholen. Er packte im Vorzimmer Geschenke aus, die Nacht lag vor den Fenstern, rötlich brannte die Ampel im Schlafzimmer. Elsa umklammerte ihn, drückte ihn, er tastete nach ihr, er roch an ihrem Haar, er streichelte ihren Nacken. Am nächsten Morgen erhielt er Blumen von Benjamin Lenz und ein großes Bild. Zur Erinnerung an vergangene Zeiten, schrieb Lenz. Es war ein Porträt Theodors vom Maler Klaften. Elsa hängte es in Theodors Arbeitszimmer. 80
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Das Spinnennetz
Titel
Das Spinnennetz
Autor
Joseph Roth
Datum
1923
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
93
Schlagwörter
Roman, Geschichte
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 10
  3. Kapitel 3 14
  4. Kapitel 4 17
  5. Kapitel 5 21
  6. Kapitel 6 24
  7. Kapitel 7 30
  8. Kapitel 8 32
  9. Kapitel 9 36
  10. Kapitel 10 39
  11. Kapitel 11 42
  12. Kapitel 12 44
  13. Kapitel 13 47
  14. Kapitel 14 50
  15. Kapitel 15 52
  16. Kapitel 16 54
  17. Kapitel 17 57
  18. Kapitel 18 59
  19. Kapitel 19 61
  20. Kapitel 20 64
  21. Kapitel 21 67
  22. Kapitel 22 69
  23. Kapitel 23 73
  24. Kapitel 24 76
  25. Kapitel 25 79
  26. Kapitel 26 81
  27. Kapitel 27 83
  28. Kapitel 28 86
  29. Kapitel 29 89
  30. Kapitel 30 92
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