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WeXel oder Die Musik einer Landschaft - Das Geistliche Lied, Band 1
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47 5. Die Liedgattungen 5. Die Liedgattungen Jedes einzelne handgeschriebene Leichhüatbüchl dokumentiert neben den tradierten Liedern auch persönliche Vorlieben der Schreiberin. So lässt das in Franz Schunkos Sammlung aus Petersbaum- garten erhaltene Liederbüchl der „Schmiedemeistersgattin“ Marie Wöhrer den Einfluss aus Schullie- derbüchern erkennen. Etwa die Hälfte der zum Leichhüten im Wechselgebiet gesungenen Lieder zählen zu den Liedgat- tungen Belehrende, Betrachtende, Andachts-, Bitt- oder Loblieder. Ein Drittel der verbleibenden Hälf- te sind Abschieds-, Begräbnis- oder Grab-, Klage- und Passionslieder. Etwa 40 Morgen-, Abend- und Trostlieder ergeben – gemeinsam mit den in etwa gleicher Verteilung erklingenden Verkündigungs-, Buß-, Wallfahrts- und Rosenkranzliedern sowie einigen sozialkritischen Liedern, einem Stundenruf und dem Totentanz – den verbleibenden Liedcorpus. In allen […] Toten- und Sterbeliedern finden wir dieselbe eigentümliche Stilform […] des Zwiegesprächs zwischen Leib und Seele oder die Klage der abgeschiedenen Seele über die Vergänglichkeit alles Irdi- schen, die Nichtigkeit aller Erdenlust, wie sie auch auf Marterln und Grabinschriften anzutreffen ist. (Jungwirth, S. 19) Die meisten Lieder geben einen „freundlichen Ausblick nach oben, eine Zuversicht auf ein lichtes Wei- terleben der Seele nach dem Tode in einem besseren Jenseits“. Jungwirth nennt das Lied „’S Krank- sein ist ein harte Buß, weil man nicht weiß, wann man sterben muß“ als eines der wenigen Beispiele, in welchem diese Erlösung fehlt, aufgezeichnet 1905 in Kirchham bei Ried62 (siehe Lied Nr. 21): Ein altehrwürdiger, tiefsinniger Grabgesang! Einst vielleicht bei den Bräuchen der Leichenwachen […] vielleicht auch als katholisches Kirchenlied bei Totenämtern gesungen. (Jungwirth, S. 19) Im beachtlichen Anteil der Betrachtenden und Belehrenden Lieder verbinden sich gereimte Lehrbei- spiele mit naturbezogenen Motiven, welche vor dem Hintergrund der kirchlich gebundenen Glaubens- vorstellungen bewusst oder unbewusst im Liedtext ausgedrückt sind. Der Lauf der Sonne wird zum Vorbild für die zur Seligkeit strebende Seele. Im Angesicht des Todes will sich der gläubige Mensch von seinen Sünden befreien; im Spiegelbild der Lilie als Symbol der Keuschheit soll dies geschehen. Das Symbolträchtige in Laub, Wald und Baum findet sich in einer Fülle von poesievollen Zeilen. Maria, die Mutter Gottes, wird nicht nur als „Baum des Lebens“ angerufen, sondern auch als Helferin in letzter Not besungen. Die „Früchte des Feigenbaumes“ werden Vorbild für die „würdigen Früchte der Buße“ und mit den christlichen Tugenden „Glaube, Liebe und Hoffnung“ wird der belehrende Charakter der Lieder unterstrichen. Die Vergänglichkeit des Lebens ist als Motiv in fast allen Lie- dern zu finden; in den Abschiedsliedern ist sie das Hauptthema. Wortwahl und Reimform sowie die besungenen Themen und Motive lassen auf Verfasser aus Kreisen der Lehrer- und Priesterschaft schließen. Durch mündliche Weitergabe und die Niederschrift bäuerlicher Hände entspricht die Spra- che der Lieder jedoch nur selten dem Original. Dieses von den Sängern aus unterschiedlichen Quellen angeeignete Liedgut stand im Dienst eines Brauches abseits jeglicher Bindung zum liturgisch appro- bierten Kirchenlied. Was 1835 der „öffentliche Lehrer des Generalbasses und des Kirchengesanges in Gratz“ August Duk im Vorwort seiner Sammlung „Kirchenlieder, welche in der Fürst-Bischöflichen 62 Ernst Jungwirth: Alte Lieder aus dem Innviertel mit ihren Singweisen (= Kleine Quellenausgabe 1), Wien 1925, S. 17–19, Nr. 1, „Sterbe-Lied“.
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WeXel oder Die Musik einer Landschaft Das Geistliche Lied, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
WeXel oder Die Musik einer Landschaft
Untertitel
Das Geistliche Lied
Band
1
Autoren
Erika Sieder
Walter Deutsch
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79584-1
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
648
Schlagwörter
Wechselgebiet, Geistliches Lied: Leichhüatlieder, bäuerliche Tradition der Totenwache, historische Tondokumente, Wörterbuch, Melodienincipits
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Abkürzungen 10
  2. Zum vorliegenden Band 12
  3. Die Landschaft 18
  4. Der Totenbrauch 24
  5. 1. Die Totenwache 26
  6. 2. Das Begräbnis und das Totenmahl 33
  7. 3. Das Singen 38
  8. 4. Das Liedgut und seine Quellen 40
  9. 5. Die Liedgattungen 47
  10. Die Sammlung: Lei(ch)hüat- / Leichwåcht-Liadln – Lieder zur Totenwache 59
  11. Anmerkungen zur Edition der Lieder 60
  12. Johannes Leopold Mayer
    1. Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub pietatis austriacae“ 465
  13. Zusammenfassung
    1. Deutsch, Englisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch 471
    2. Melodienregister 487
    3. Siglen zu den verwendeten Quellen 513
    4. Literaturverzeichnis 522
    5. Wörterbuch 542
  14. Register für das Wechselgebiet und die angrenzenden Regionen in Niederösterreich und in der Steiermark
    1. a) Rotten, Viertel, Orte und Gemeinden 585
    2. b) Personenregister 592
  15. Allgemeines Register
    1. a) Ortsregister 601
    2. b) Personenregister 607
    3. Sachregister 613
    4. Register der Liedanfänge, Sammelorte und Tonaufzeichnungen 618
    5. Inhaltsverzeichnis und Begleittext zu den beiliegenden Tondokumenten 629
    6. Sängerinnen, Sänger und Vorbeter der Tonaufzeichnungen 630
    7. Inhaltsverzeichnis zu den beiliegenden CDs 632
    8. Autoren und Mitarbeiter 640
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