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Kunst und Kultur
WeXel oder Die Musik einer Landschaft - Das Geistliche Lied, Band 1
Seite - 465 -
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465 Johannes Leopold Mayer Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub specie pietatis austriacae“ Ein religiös denkender und fühlender Mensch erlebt Phänomene als folgerichtig und demnach logisch zusammengehörig, welche einem nicht religiösen Menschen als völlig zusammenhanglos erscheinen können – aus seiner Sicht durchaus ebenso logisch. Im religiösen Denken und Fühlen konstituiert sich durch die Zusammenhänge – wie es der Philo- soph Ludwig Wittgenstein trefflich nennt – ein „Zustand des sich Auskennens“.115 Dieser Zustand ist aber nicht statisch in der Hinsicht, dass er etwas Abgeschlossenes sei. Vielmehr im Gegenteil: Wohl- begründete Lebendigkeit – wohlbegründet etwa durch einen religiösen Glauben – ist Voraussetzung für – um folgerichtig wieder auf Wittgenstein zurückzugreifen – das Evidentwerden des „allerdings Unaussprechlichen. Dieses zeigt sich, es ist das Mystische.“116 Wie immer der forschende Mensch dieser Evidenz eines Mystischen aufgrund seiner persönlichen Weltsicht, seines vorhandenen oder nicht vorhandenen religiösen Glaubens gegenüberstehen mag: diesen „Zustand des sich Auskennens“, welchen er bei den von ihm forscherisch betrachteten religiös denkenden, fühlenden und handelnden Menschen feststellt, den kann er als solchen nur begreifen, wenn er ihn als ein grundlegendes Factum zur Kenntnis nimmt. Darauf weist – gerade im Zusam- menhang mit fremdem oder fremd gewordenem und daher fürs Erste unverständlichem gläubigen Denken und Verhalten – der große Religionsphilosoph und -historiker Mircea Eliade so nachhaltig wie – im Sinne wissenschaftlicher Erkenntnis – pragmatisch hin. „Wenn es darum geht, ein fremdes Verhalten zu verstehen, bringt es nichts ein, es zu entmystifizieren.“117 Das bedeutet demnach, dass die Evidenz des Mystischen durch dessen sich Zeigen im Zustand des sich Auskennens genau in dieser Konfiguration Betrachtung der Forschung sein muss, soll ein dem Forschungsgegenstand angemesse- nes, weil verstehendes Ergebnis erzielt werden. Diese Maxime hat der bedeutende österreichische Historiker Michael Mitterauer auch für die Ge- schichtswissenschaft – konkret deren Teilgebiete, die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte – fruchtbar gemacht. Im Sinne eines wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnes – so stellt er fest – ist es notwendig, „das Heilige vom Profanen nicht abzugrenzen“, sondern es zu betrachten „in seiner besonderen Wirk- kraft auf Lebenswelten, in die es eingeordnet ist“.118 In welchem Raum, der als der Zustand des sich Auskennens von den sich darin Befindlichen und an ihm gewissermaßen Beteiligten als solcher wahrgenommen wird, erleben demnach die Lieder zur Totenwache aus dem niederösterreichischen und steirischen Wechselgebiet ihren Vollzug? 115 Ludwig Wittgenstein: Letzte Schriften über die Philosophie der Psychologie. Werkausgabe Band 7. Frankfurt/Main, Suhrkamp, 1984, S. 337. Ludwig Wittgenstein (Wien 1889 – 1951 Cambridge) – u. a. Lehrer in Trattenbach und Otterthal, Philosoph. 116 Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus. Werkausgabe Band 1. Frankfurt/Main, Suhrkamp, 1984, S. 85. 117 Mircea Eliade: Das Heilige und das Profane. Vom Wesen des Religiösen. Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Frankfurt/Main, Insel, 1984, S. 8. Mircea Eliade (Bukarest 1907–1986 Chicago) – rumänischer Religionswissenschafter, Philosoph und Schriftsteller. 118 Michael Mitterauer: Dimensionen des Heiligen. Annäherungen eines Historikers. Wien, Böhlau, 2007, S. 7. Michael Mit- terauer (*Wien 1937) – Wirtschafts- und Sozialhistoriker, Universität Wien.
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WeXel oder Die Musik einer Landschaft Das Geistliche Lied, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
WeXel oder Die Musik einer Landschaft
Untertitel
Das Geistliche Lied
Band
1
Autoren
Erika Sieder
Walter Deutsch
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79584-1
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
648
Schlagwörter
Wechselgebiet, Geistliches Lied: Leichhüatlieder, bäuerliche Tradition der Totenwache, historische Tondokumente, Wörterbuch, Melodienincipits
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. AbkĂĽrzungen 10
  2. Zum vorliegenden Band 12
  3. Die Landschaft 18
  4. Der Totenbrauch 24
  5. 1. Die Totenwache 26
  6. 2. Das Begräbnis und das Totenmahl 33
  7. 3. Das Singen 38
  8. 4. Das Liedgut und seine Quellen 40
  9. 5. Die Liedgattungen 47
  10. Die Sammlung: Lei(ch)hüat- / Leichwåcht-Liadln – Lieder zur Totenwache 59
  11. Anmerkungen zur Edition der Lieder 60
  12. Johannes Leopold Mayer
    1. Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub pietatis austriacae“ 465
  13. Zusammenfassung
    1. Deutsch, Englisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch 471
    2. Melodienregister 487
    3. Siglen zu den verwendeten Quellen 513
    4. Literaturverzeichnis 522
    5. Wörterbuch 542
  14. Register für das Wechselgebiet und die angrenzenden Regionen in Niederösterreich und in der Steiermark
    1. a) Rotten, Viertel, Orte und Gemeinden 585
    2. b) Personenregister 592
  15. Allgemeines Register
    1. a) Ortsregister 601
    2. b) Personenregister 607
    3. Sachregister 613
    4. Register der Liedanfänge, Sammelorte und Tonaufzeichnungen 618
    5. Inhaltsverzeichnis und Begleittext zu den beiliegenden Tondokumenten 629
    6. Sängerinnen, Sänger und Vorbeter der Tonaufzeichnungen 630
    7. Inhaltsverzeichnis zu den beiliegenden CDs 632
    8. Autoren und Mitarbeiter 640
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