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WeXel oder Die Musik einer Landschaft - Das Geistliche Lied, Band 1
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38 Der Totenbrauch 3. Das Singen Das Leichhüatn / Leichwåchtn – die zwei Nächte der dreitägigen Totenwache im Hause des Verstor- benen – wurde mit Liedern begleitet, welche von Generation zu Generation überliefert, von Frauen gesungen und in handgeschriebenen Büchln aufgezeichnet vorliegen. Die in unterschiedlicher Ge- nauigkeit aus verschiedenen Quellen, häufig aus dem Gedächtnis aufgeschriebenen Texte dienten als Vorlage bei selten gesungenen Strophen. Das Singen der „Lei(ch)hiatlieder“ setzte eine ungebrochene Überlieferung voraus, in welcher die zweistimmige Wiedergabe der Melodien eine stilistische Selbst- verständlichkeit bildete. Träger des Singens waren Frauengruppen, nur selten ergänzt von Männern, welche um Mitternacht das Amt des Vorbeters für den Rosenkranz übernahmen. Nachweise für diese singenden Frauengruppen finden sich in den Anmerkungen von Pfarrer Schänzl, in den Aufzeichnun- gen von Franz Reingruber, Franz Schunko, Josef Jiřiček, Aquilin Jagenteufl und Josef Hutz sowie in den jüngsten Feldforschungsergebnissen bei noch lebenden Sängerinnen der Leichhüatlieder von beiden Seiten des Wechsels. Wie es die zahlreichen Aufzeichnungen belegen, werden die in Dur verlaufenden Melodien zwei- stimmig realisiert. Es ist ein Singen mit zwei Stimmen in paralleler Bewegung und engstem konso- nanten Abstand. Je nach Melodiegestalt wird in gleicher Bewegung zur Hauptstimme eine Unter- stimme geführt, oder es wird die ausdrucksstarke, elementare Form einer ausschließlich in Terzen geführten Zweistimmigkeit angewendet. Dabei wird die gegebene Melodie von einer zweiten Stimme mit einfachen Tonschritten und in kleinem Ambitus im Terzabstand begleitet. Keine Sängerin tritt aus diesem zweistimmigen Singen mit individueller Singmanier hervor. Die Vortragsart spiegelt das gemeinsame Bemühen der Singgruppe, den Text des angestimmten Liedes verständlich darzubrin- gen. Es ist ein vertrautes, unreflektiertes Singen, welches unbewusst wie bewusst die musikalischen Normen der singenden Vorgänger anwendet. Der Text ist durch die Niederschrift in eigenen Heften oder Büchln gesichert, die Melodien sind aus- schließlich im musikalischen Gedächtnis der Sängerinnen verankert. Die daraus entstandene Vielfalt an melodischen Varianten innerhalb jeder Rotte, jedes Viertels oder jeder Pfarrgemeinde stellt ein besonderes Merkmal dieser religiösen Lieder dar. Der melodische Reichtum zu identen Liedtexten ist beeindruckend; Herkunft und Ursprung der unterschiedlichen Melodien sind jedoch nur selten nachvollziehbar. Franz Schönberger und Joseph Wallner, zwei Priester der Diözese Seckau, hatten geistliche Lieder aus der Überlieferung und von dörflichen Sängern und Sängerinnen in ihren Mehrstimmigkeitsfor- men aufgezeichnet und 1856 als „Katholisches Volksgesangbuch“ herausgegeben.49 Dieses Volksge- sangbuch war vor allem auf der steirischen Seite des Wechselgebietes verbreitet. Wie die zwischen 1860 bis 2013 gesammelten und melodisch aufgezeichneten geistlichen Lieder bezeugen, ist die Zwei- stimmigkeit der – häufig ohne Notenkenntnis – singenden Überlieferungsträgerinnen ident mit dem von Schönberger und Wallner gedruckten Satz. 49 Franz Schönberger und Joseph Wallner: Katholisches Volksgesangbuch mit einem Anhange von Morgen-, Abend-, Meß-, Beicht-, Communion- und anderen Gebethen, Gratz 1856 (= Schönberger / Wallner 1856).
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WeXel oder Die Musik einer Landschaft Das Geistliche Lied, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
WeXel oder Die Musik einer Landschaft
Untertitel
Das Geistliche Lied
Band
1
Autoren
Erika Sieder
Walter Deutsch
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79584-1
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
648
Schlagwörter
Wechselgebiet, Geistliches Lied: Leichhüatlieder, bäuerliche Tradition der Totenwache, historische Tondokumente, Wörterbuch, Melodienincipits
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Abkürzungen 10
  2. Zum vorliegenden Band 12
  3. Die Landschaft 18
  4. Der Totenbrauch 24
  5. 1. Die Totenwache 26
  6. 2. Das Begräbnis und das Totenmahl 33
  7. 3. Das Singen 38
  8. 4. Das Liedgut und seine Quellen 40
  9. 5. Die Liedgattungen 47
  10. Die Sammlung: Lei(ch)hüat- / Leichwåcht-Liadln – Lieder zur Totenwache 59
  11. Anmerkungen zur Edition der Lieder 60
  12. Johannes Leopold Mayer
    1. Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub pietatis austriacae“ 465
  13. Zusammenfassung
    1. Deutsch, Englisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch 471
    2. Melodienregister 487
    3. Siglen zu den verwendeten Quellen 513
    4. Literaturverzeichnis 522
    5. Wörterbuch 542
  14. Register für das Wechselgebiet und die angrenzenden Regionen in Niederösterreich und in der Steiermark
    1. a) Rotten, Viertel, Orte und Gemeinden 585
    2. b) Personenregister 592
  15. Allgemeines Register
    1. a) Ortsregister 601
    2. b) Personenregister 607
    3. Sachregister 613
    4. Register der Liedanfänge, Sammelorte und Tonaufzeichnungen 618
    5. Inhaltsverzeichnis und Begleittext zu den beiliegenden Tondokumenten 629
    6. Sängerinnen, Sänger und Vorbeter der Tonaufzeichnungen 630
    7. Inhaltsverzeichnis zu den beiliegenden CDs 632
    8. Autoren und Mitarbeiter 640
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