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Zipper und sein Vater
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Wir kamen an, Arnold hatte gerade gegessen. Er packte. Seine Koffer standen auf Stühlen, seine bunten Krawatten hingen über den Lehnen, eine Art mondäner Leichen. Es war fast kein Platz zum Sitzen. Arnold war keineswegs so überrascht, wie der Alte erwartet haben mochte. Er trug und wälzte ganz andere Gedanken im Kopf. Er dachte an seine Frau. »Setz dich!« sagte er nach einer flüchtigen Umarmung zu seinem Vater, ohne zu merken, daß man sich nirgends setzen konnte. »Was willst du essen?« fragte er beinahe grob. »Zwei Eier im Glas, halbweich, mit Stundenglas gekocht, nicht, wie deine Mutter es macht!« erwiderte der alte Zipper, immer noch aufgeräumt und ohne zu merken, daß er zu ungelegener Zeit gekommen war. Erst als der Kaffee kam, hatte Arnold seine Koffer gepackt. Er war ruhiger geworden, offenbar weil er, wie so manche, dem heilvollen Irrtum erlag, daß gepackte Koffer schon eine zurückgelegte Reise garantieren. Sie saßen einander gegenüber, der Alte und der Junge. Zum erstenmal saßen sie so einander gegenüber, nicht in ihrem Hause, nicht unter den gewohnten Möbeln, nicht in der Nähe der Mutter. Nichts mehr als Vater und Sohn. Wie ein Exempel der Geschichte, dachte ich. Vertreter zweier Generationen einer und derselben Rasse. Jeder hat die Aufgabe, seine Zeit zu repräsentieren. »Deine Frau ist natürlich weggefahren!« begann der Alte in dem Ton, in dem er zu Hause immer gesagt hatte: »Der Tee ist natürlich lauwarm!« »Sie hat leider einen Unfall erlitten, und ich bin auf dem Sprung, zu ihr zu fahren«, erwiderte Arnold. »Ich mag nicht, daß du in diesem Ton von ihr sprichst.« »Ich habe es nicht bös gemeint. Was für ein Unfall übrigens?« »Ich weiß es noch nicht, ich fahre ja erst hin.« »Nun«, begann der Alte, »ein Unfall ist für eine Künstlerin nur eine Reklame. Man sagt, daß Sarah Bernhardt, seitdem man ihr ein Bein amputiert hat, das Doppelte verdient.« »Um Gottes willen!« schrie Arnold. »Ich sag ja nicht, daß man deiner Frau ein Bein amputieren wird. Sie wird auch nicht ein Drittel von dem verdienen, was die Sarah Bernhardt verdient.« »Wer spricht denn unter solchen Umständen vom Geld?« »Ich habe dir oft aushelfen müssen, mein Sohn, seitdem du mit ihr verheiratet bist. Und du weißt, daß meine Geschäfte nicht die besten sind. Mein Prozeß kostet mir schon ein schönes Geld. Jetzt habe ich noch diese 90
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Zipper und sein Vater
Titel
Zipper und sein Vater
Autor
Joseph Roth
Datum
1928
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
112
Schlagwörter
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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