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Theoretische Situierung | 55
pien und Institutionen der Demokratie, der Republik, des Bundesstaats und des
Rechtsstaats – begrenzt. Innerhalb dieser machtvollen Schließungen des Ge-
meinwesens sind jedoch Aushandlungen über die Ziele (kultur-)politischer Maß-
nahmen und die inhärenten Deutungen und Wertvorstellungen möglich bzw.
werden von den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht nur begrenzt, sondern
von den Prinzipien des demokratischen Systems auch herausgefordert (Schaller,
2005: S. 69). Dies richtet die Aufmerksamkeit auf die Frage, wie von staatlicher
Seite und von Seite der BürgerInnen mit diesem Spannungsfeld umgegangen
wird.
Als reformistisches und mitunter als radikales politisches Ideal aufgefasst, setzt
deliberative Demokratietheorie an einer Kritik der standardisierten Praxis der li-
beralen Demokratie an (Bohman, 1998: S. 400). VertreterInnen der deliberativen
Demokratietheorie (Curato u.a., im Erscheinen; Dryzek, 1993; Fischer, Forester,
1993; Fischer, Gottweis, 2012; Fishkin, Lasett, 2003; Forester, 1999; Hajer,
2003; Hajer, Wagenaar, 2003; Yang, 2012) befassen sich unter anderem mit
epistemischen wie moralischen Fragen der Rechtfertigung in Aushandlungspro-
zessen, Fragen der Institutionalisierung und der Anschlussfähigkeit an Institutio-
nen der repräsentativen Demokratie sowie Fragen nach den empirischen Heraus-
forderungen bzw. Hindernissen, die sich auf theoretisch-konzeptivem Weg nicht
lösen lassen (Bohman, 1998: S. 401). Ein zentrales Konzept in den Ansätzen, die
sich auf Jürgen Habermas beziehen, ist die Deliberation als normativ gerahmte
Praxis der Entscheidungsfindung.
„Deliberation is oriented towards arriving at normativ-practical judgments about what we
do, which may lead to action based on these decisions.“ (Fairclough, Fairclough, 2016:
S. 188)
Jürgen Habermas’ Theorie des kommunikativen Handelns folgend ist die öffent-
liche Formulierung und Abwägung von Argumenten politisches Handeln (Ha-
bermas, 1981). Die ideale Sprechsituation ist nach Habermas frei von Täuschun-
gen, Selbsttäuschungen, Dominanz, strategischem Handeln und dem Ausschluss
von Teilnehmern oder Argumenten (Dryzek, 1993: S. 228). Der „zwanglose[.]
Zwang des besseren, weil einleuchtenderen Arguments“ (Habermas, 1981:
S. 116), jenes Arguments, das Konsens unter den Teilnehmenden erzielen kann,
ist die einzige Macht in der idealen Sprechsituation, die einer normativen Ratio-
nalität folgt. Als Idealtyp kann die ideale Sprechsituation nicht realisiert werden,
ist aber von analytischem bzw. heuristischem Nutzen, um jene Handlungen frei-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293