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88 | Cultural Governance in Österreich
WissenschaftlerInnen und BeraterInnen, etwa mit der Evaluation von kultur-
politischen Maßnahmen oder mit der Organisation bzw. Moderation von
Planungsprozessen.
4) Der Staat als Investor: Indem Gebietskörperschaften Unternehmen beauftra-
gen, die kulturelle Infrastruktur (ein Landestheater, eine Musikschule) zu er-
richten und zu erhalten, sind sie auch Investoren.
5) Der Staat als Unterstützer: Im Rahmen der Förderverwaltung erfolgt die
Subventionsvergabe an juristische (Kulturvereine) und natürliche Personen
(KünstlerInnen, Kulturschaffende) in Formen des Privatrechts, ist also eine
freiwillige Leistung des Staats, die – etwa bei negativem Förderbescheid –
nicht eingeklagt werden kann.
6) Der Staat als Dienstgeber und Dienstherr: Gebietskörperschaften sind dar-
über hinaus auch Dienstgeber (für Angestellte) bzw. Dienstherren (für Beam-
tInnen). Natürliche Personen, die als Vertragsbedienstete beispielsweise in
den Kulturunternehmen der Gebietskörperschaft angestellt sind, stehen mit
dieser in einem privatrechtlich geregelten Dienstverhältnis. Anders verhält es
sich bei den BeamtInnen der Kulturverwaltung: BeamtInnen werden ernannt,
das Dienstrecht ist hoheitsrechtlich (herrschaftlich) geregelt.
Diese Funktionen bergen Konflikte in sich: Eine Kernproblematik liegt bei-
spielsweise darin, dass der Staat eine Doppelrolle als wirtschaftlicher Akteur und
als Kulturförderer einnimmt. Als Eigentümer von Kulturbetrieben verfolgt der
Staat als Marktakteur bestimmte Ziele, die nicht immer primär gemeinwohlori-
entiert sind, sondern ökonomisch für den Staat sinnvoll erscheinen. Der Staat
agiert hier in der Welt des Markts (Boltanski, Thévenot, 2014: S. 270) und steht
in geschäftlichen Beziehungen zu KundInnen, KonkurrentInnen und sonstigen
Marktakteuren. Eine Neutralität des Staates als Förderinstanz kann es daher,
wenn er gleichzeitig Eigentümer von Kulturbetrieben ist, nicht widerspruchsfrei
geben (Zembylas, Tschmuck, 2005).
Hinzu kommt, dass Parlamente (National- und Bundesrat sowie die Land-
tage in den einzelnen Bundesländern) Gesetze beschließen und damit die Grund-
lagen für staatliches Handeln auch im Kulturbereich schaffen. Städte und Kom-
munen haben formell keine eigene legislative Kompetenz, können jedoch –
auch, da die Kulturverwaltung Teil der nichthoheitlichen Verwaltung ist – ihre
Handlungsspielräume innerhalb der Rechtsnormen und gegebenen Ressourcen
auslegen.
Der normative Anspruch an die Demokratisierung von Kultur hat in Europa
eine historische Tradition, die in Deutschland und Österreich oft mit einer sozi-
aldemokratischen, paternalistisch anmutenden Programmatik der 1970er und
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293