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220 | Cultural Governance in Österreich
Aufgaben verschiedener Organe – die Politik als Repräsentationsorgane, die
Verwaltung als Ausführungsorgan. Als Gebietskörperschaft unterwirft die Stadt
„sämtliche Personen, die sich auf ihrem Gebiet aufhalten“ ihrer Herrschaft:
„Gebietskörperschaften sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, die alle Perso-
nen erfassen, die in einer örtlichen Beziehung zu einem bestimmten Gebiet stehen. Zum
Wesen einer Gebietskörperschaft gehört die Herrschaftsunterworfenheit sämtlicher Perso-
nen, die sich auf ihrem Gebiet aufhalten. Der Gebietskörperschaft kommt also in diesem
Umfang behördliche Funktion zu. Dadurch unterscheidet sie sich von anderen Körper-
schaften öffentlichen Rechts, die nur bestimmte Angelegenheiten ihrer Mitglieder zu re-
geln haben. Derartigen Körperschaften öffentlichen Rechts sind nicht sämtliche Personen,
die sich in ihrem Sprengel aufhalten, unterworfen, sondern nur ihre Mitglieder, zugehö-
rig.“ (Oberster Gerichtshof (OGH) der Republik Österreich, 1992)
Dies entspricht dem Verständnis der Gebietskörperschaft als einer juristischen
Person und damit einem Subjekt in der staatsbürgerlichen Welt (Boltanski,
Thévenot, 2014: S. 256). Dieses handelt über Kompetenzzuweisungen (Rechte,
Erlässe, Verordnungen) im öffentlichen Interesse. Zugleich stattet die Stadt auf-
grund von Verfahren und Verhandlungen Personen, die auf ihrem Gebiet leben
(Privatsphäre) mit bürgerlichen Rechten aus (Kompromiss zwischen der häusli-
chen Welt und der staatsbürgerlichen Welt) (Boltanski, Thévenot, 2014: S. 415).
Das Arrangement der Stadt, die als Soziale Welt zahlreiche andere Soziale Wel-
ten integriert, wird stabilisiert (institutionalisiert) über die Ordnung der Stadt als
funktionierendes, reguliertes und gerechtes, „staatsbürgerlich-industrielles Ge-
meinwesen“ (Boltanski, Thévenot, 2014: S. 378). Somit sind die politischen Ak-
teurInnen (Stadtregierung/Gemeinderat und weitere Ebenen der Bundes- und
Landespolitik) in ihren opportunen Handlungsmöglichkeiten und Entscheidungs-
spielräumen einerseits begrenzt. Andererseits dienen die regulativen und norma-
tiven Prinzipien des Gemeinwesens auch dazu, politische Entscheidungen zu le-
gitimieren.
Da die Kulturverwaltung auch Teil der nicht-hoheitlichen Verwaltung ist und die
Stadt hier nicht als Behörde, sondern als quasi privatwirtschaftlicher Akteur auf-
tritt, stehen die Stadt (bzw. die Gebietskörperschaft, die Eigentümer des Kultur-
betriebs ist) und Kulturbetriebe nicht nur in einer herrschaftlichen Beziehung,
sondern auch in einer privatwirtschaftlichen Beziehung zueinander. Die Stadt hat
durch ihre Organe – Politik und Verwaltung – die Möglichkeit, sowohl privat-
wirtschaftlich als auch herrschaftlich zu agieren. So kann die Durchführung einer
Kulturveranstaltung beispielsweise durch Behörden mit hoheitlicher Gewalt un-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293