Seite - 274 - in Cultural Governance in Österreich - Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
Bild der Seite - 274 -
Text der Seite - 274 -
274 | Cultural Governance in Österreich
• Anerkennung der Gremien, Verfahren und gegebenenfalls ModeratorInnen
von deliberativen Prozessen durch die von Entscheidungen allenfalls Betroffe-
nen (die Kunst- und Kulturschaffenden) sowie durch die demokratisch legiti-
mierten EntscheidungsträgerInnen (dafür möglichst breite Auswahlverfahren
der ExpertInnen und klares Verfahrensdesign, ‚Fahrplan‘)
• Klare Aufgaben(trennung) bei Gremien (Beiräten, Jurien) etwa zwischen stra-
tegischer Beratung und der Vorbereitung von Förderentscheidung
• Bemühen, Informationen transparent zu machen und Zugänge zu Personen
und Verfahren offenzuhalten (bzw. situativ genau abzuwägen, wo Vertrau-
lichkeit notwendig ist und wo Transparenz möglich ist)
Der kommunale kulturpolitische Rahmen bietet insgesamt gute Voraussetzungen
für deliberative Cultural-Governance-Prozesse, vor allem aufgrund der perso-
nenbezogenen Kommunikation (die allerdings auch mit Ausschlussmechanismen
verbunden sein kann) und räumlicher sowie sachlicher Nähe der AkteurInnen zu
den Themen. Anhand der konkreten Analysen ließen sich jedoch auch zahlreiche
Herausforderungen herausarbeiten. Daher sind die formulierten normativen Kri-
terien für Good Governance bzw. das Gelingen deliberativer Cultural-Gover-
nance-Prozesse auch auf der kommunalen kulturpolitischen Ebene mit Proble-
men verbunden. Diese sind letztlich in situativen Konstellationen, Macht- und
Herrschaftsbeziehungen, divergierenden individuellen bzw. kollektiven Interes-
sen und Konkurrenzverhältnissen, kulturell-kognitiven Dispositionen und regula-
tiven Strukturen begründet.
Auch erscheinen die Kriterien – wie das Bemühen um Sachlichkeit und das
Zulassen von Emotionen, die Offenheit für den Prozess und die sinnstiftende
Orientierung am Ergebnis – mitunter als Paradox. Gleichzeitig bedeutet diese
Paradoxie eine Anerkennung der möglichen Ambivalenz und Kontingenz aller
menschlichen Potentiale und Unzulänglichkeiten, die sich situativ manifestiert.
Diese Herausforderungen schützen vor einer unreflektierten Haltung gegenüber
der transformativen Wirkung von Cultural-Governance-Prozessen im Sinne der
demokratischen Entwicklung. Zugleich erscheinen sie jedoch als bearbeitbar
bzw. im Sinne des demokratischen Experimentalismus nach Dewey als versuch-
bar, um das transformative Potential des demokratischen Prozesses (Mouffe,
2000) in Bewegung zu bringen.
Als einziger Punkt nahezu unlösbar in deliberativen Governance-Prozessen
erweisen sich ethisch-moralische Konflikte mit politischen Entscheidungsträge-
rInnen aufgrund intendierter bzw. getroffener Entscheidungen, die etwa essenti-
elle Aspekte der Menschenwürde und -rechte oder Aspekte von Ungerechtigkeit
berühren – unteilbare Konflikte (Hirschmann, 1994: S. 302) bzw. illegitime Po-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293