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Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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85Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment Von der Verteilung dieses Kuchens profitierten vor allem die Bene- diktiner, Dominikaner, Piaristen und Augustiner, deren Gymnasien und Stiftungen ausgebaut wurden, als die Vorherrschaft der Jesuiten in den 1750er Jahren zu Ende ging.44 Mit den maria-theresianischen Stu- dienreformen büßten die Jesuiten auch ihre unangefochtene Stellung an den habsburgischen Universitäten ein. Die rivalisierenden Orden verstanden es geschickt, im Kontext der theresianischen Studienreform ihre eigene »recentior philosophia« und »theologia sanior et purior« vom überholten jesuitischen Studienprogramm abzugrenzen.45 So wurde der Antijesuitismus zum Gütesiegel reformerischen En- gagements. Als Gegner der Jesuiten qualifizierte man sich auf dem Terrain der Gelehrtenpolitik als Neuerer – dabei war es einerlei, ob man als Muratorianer oder Jansenist agierte, philologisch-historisch die Textintegrität von Überlieferungen und Heiligenviten prüfte, oder als Naturforscher die Metaphysikkritik aus der Experimentalkultur begründete.46 Dass der Jesuitenorden selbst Katalysator der Aufklä- 44 Vgl. schon Karel Kučera, Raně osvícenský pokus o reformu pražské univer- sity [Ein frühaufklärerischer Versuch zur Reform der Prager Universität], in: AUC-HUC, 4 (1963) 2, 61-85. 1752 erarbeitete Erzbischof Migazzi mit dem Jesuiten Ludwig Debiel eine neue theologische Studienordnung für die Universität Wien, 1759 wurden per Hofdekret neue Lehrkanzeln für tho- mistische und augustinische Theologie geschaffen, die mit Pietro Gazzaniga und Agostino Gervasio besetzt wurden, vgl. AVA Studienhofkommission Karton 12, Faszikel 4 (Theologie), 35 ex 1752 (zum 21. 7. 1752) und Anton Wappler, Geschichte der theologischen Facultät an der k. k. Universität zu Wien, Wien 1884, 189-193. 1754 beschloss der Bischof von Eger und spätere Fürstprimas (ab 1761), Ferenc Barkóczy, die Jesuiten an seinem Priesterse- minar durch Weltpriester zu ersetzen und das jesuitische Priesterseminar in Kaschau / Kassa / Košice aufzulösen, vgl. Pal Bozsik, Az egri papnevelés törté- nete a XVIII. százaban 1780-ig [Die Geschichte der Priestererziehung im 18. Jahrhundert in Eger bis 1780], Eger 1910, 217. Als Primas von Ungarn ent- hob er später die Societas der Leitung des Wiener Pazmaneums und verlegte die Anstalt nach Tyrnau, vgl. István Mészáros, Katolikus egyetemszervezési tervek Egerben 1754-1948 [Pläne zur Gründung einer katholischen Univer- sität in Erlau 1754-1948], in: MEV 5 (1993), 23-34. Zum Kontext István Bitskey, Il Collegio Germano-Ungarico di Roma. Contributo alla storia della cultura ungharese in età barocca, Roma 1996, 127-134. 45 Rudolf Kink, Geschichte der Kaiserlichen Universität zu Wien, im Auftrage des k. k. Ministers für Cultus und Unterricht, Leo Grafen von Thun, nach den Quellen bearbeitet, Wien 1854, Bd. I/1, 383 (Dispensierung vom Imma- kulataeid für die Dominikaner); Wenzel Wladiwoj Tomek, Geschichte der Prager Universität. Zur Feier der fünfhundertjährigen Gründung derselben, Prag 1849, 208-210. 46 Csapodi, Két világ határán, 96-120; Georg Schuppener, Formování mate-
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Title
Aufklärung habsburgisch
Subtitle
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Author
Franz Leander Fillafer
Publisher
Wallstein Verlag
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Size
14.0 x 22.2 cm
Pages
628
Keywords
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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