Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Page - 180 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 180 - in Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850

Image of the Page - 180 -

Image of the Page - 180 - in Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850

Text of the Page - 180 -

180 Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar mus« fand Kopitar aber die Rekatholisierung der Orthodoxen denkbar ungeeignet: Kopitar hatte schon im Sommer 1814 für die Schaffung eines eigenständigen Illyrischen Königreichs unter habsburgischem Zepter geworben, jetzt plädierte er neuerlich dafür, unter den »Illy- rern« aller Konfessionen die gemeinsame Umgangssprache zu fördern und diese im kirchlichen und schulischen Leben zu verankern.168 Kopitars Tätigkeit als Berater, Gelehrter und Gutachter zeigt die Relevanz des spätaufklärerischen Programms der Volkssprachlichkeit für die Liturgie- und Schulpolitik der Restaurationszeit. Kopitar warb eindringlich für die »Vernakularisierung«169, die Förderung der Volks- 168 Zu Kopitars Illyrienpolitik vgl. Luka Vidmar, A Slavic Republic of Letters. The Correspondence between Jernej Kopitar and Baron Žiga Zois, Frank- furt  a. M. 2016, 203. Zur Kirchenunion ausgezeichnet Sergio Bonazza, Bar- tholomäus Kopitars Rolle in der Kirchenunion in Dalmatien (Ein Beitrag zum Austroslawismus), in: Festschrift für Wolfgang Gesemann, 3 Bde., III, Slawische Sprachwissenschaft und Kulturgeschichte, München 1986, 27-51, 36. Die Auszüge aus Kopitars Stellungnahme vom 27. 11. 1826, ebda., 46: »Denn während von Osten her der russische Koloß auf Österreich drückt, ist unsre südliche Grenze von der Bukovina bis Cattaro, von meist bewaff- neten Griechischgläubigen bewohnt und besetzt, und hinter ihnen wohnen, durch die ganze europäische Türkey[.] lauter griechischgläubige Christen; so daß also die feste Handhabung der Toleranz, und Achtung der Nationalsit- ten einerseits, andrerseits aber wohlberechnete Beförderung der Aufklärung, Bildung &c.« allein »die Reaction neutralisieren« könnten, während die ge- meinsame Umgangssprache »die Assimilation der Minderzahl mit der katho- lischen Mehrzahl in geometrischer Progression« beschleunige, wogegen »die bisherigen, gewaltsamen oder hinterterlistigen Mittel nur Übel ärger machen mußten«. Ebda., 48: Die Missstände seien »nur durch Aufklärung der Un- wissenden unschädlich zu machen. Es versteht sich, daß ich nur wahre Auf- klärung meine; wiewohl als Übergangsmittel sogar die falsche zu brauchen ist, z. B. die meisten der katholisch gewordenen Protestanten waren früher Indifferentisten, wo nicht gar Atheisten, wie viele selbst gestanden. Höchst anstößig durch ihre Lügen gegen die römische Kirche sind selbst manche der unentbehrlichen russischen Kirchenbücher, z. B. nur der Legenden, die man den Klöstern doch auch nicht verbieten kann, zu geschweigen, welche Lügen enthält nicht die Kormtschaja Kniga, die ich in den Wiener Jahrbü- chern, Band XXIII, ihrem Inhalt nach analysirt u. Hn. Burgpfarrer sowie v. Jüstel — zugeschickt habe. Und doch muß dieses Corpus juris canonici graeci jeder Bischof wenigstens, haben.  – Also abermal nur in der Aufklä- rung gründliche Abhülfe!«, ebda., 51: »Es ist vielmehr nicht ohne Nutzen, daß die llyrier sich als einen sondern slawischen Stamm, wie die Böhmen, Polen, Kroaten, ansehen lernen, indem sie sonst mit den geliebten Russen zusammenfließen würden, (was die Mönche u. der Metropolit wünschen, u. daher alle Literatur in der gemeinen Umgangssprache, in der die Nichtunir- ten sich gar nichts von den katholischen Illyriern unterscheiden, hassen).« 169 Vgl. Michael Wögerbauer, Vernakularizace  – alternativa ke konceptu národ-
back to the  book Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850"
Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Title
Aufklärung habsburgisch
Subtitle
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Author
Franz Leander Fillafer
Publisher
Wallstein Verlag
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Size
14.0 x 22.2 cm
Pages
628
Keywords
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Aufklärung habsburgisch