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Vor 1918
Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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228 Wissenskulturen des Vormärz lichen Exegeten gegen die Göttinger Schule der Mythosforschung, welche die blütenweiße griechische Antike mit ihrer angeblich ein- zigartigen Rationalität und Sittlichkeit verklärte und zugleich den Un- terschied zwischen dem beglaubigten biblischen Heilsgeschehen und den heidnischen Mysterienkulten verwischte.107 Die aus Schlangenei- ern geschlüpften, schaumgeborenen und im Goldregen empfangenen Göttinnen der Griechen, die mit Tierdämonologie und Erbfluchmagie gesättigten griechischischen Mythologien ließen sich nicht mit der hebräischen Religion vergleichen. Die Götter Griechenlands waren allegorische Figuren, ihre Geschichten hatten sich die Hellenen selbst zusammengereimt. Die alttestamentlichen Gesetzgeber und Prophe- ten hingegen waren aus anderem Holz geschnitzt, sie waren keine Demiurgen oder Halbgötter, sondern echte Menschen, die unbeirrbar von der Offenbarung Zeugnis ablegten, obwohl sie von ihren Königen gepeinigt wurden, obwohl sie ihr Volk verlachte und verstieß.108 Gegen die Göttinger Mythologie und die Weimarer Klassiker be- tonten die Erben der aufgeklärten Exegeten die Bedeutung des Pen- tateuchs als Offenbarungszeugnis und Geschichtsquelle.109 Der Ver- klärung des autarken und einzigartigen Griechentums setzten sie die Verflechtungsgeschichte des alten Orients entgegen,110 die zugleich dieses Mannes, der ein ganz neues Licht in die Erdkunde brachte, kennt, der wird es wissen, daß Ritter bey seinen Forschungen […] von einem rein rationellen Interesse geleitet wurde, und daß der Widerschein des Penta- teuches sein Auge gar nicht berührte.« Das Leben der Israeliten unter den Pharaonen lasse sich anhand der Ritualmotorik  – des Tabernakels, der Speisegesetze, der Lossteine Urim und Thummim  – ebenso belegen wie aufgrund ihrer biblisch dokumentierten, klima- und landschaftsbedingten Lebensform im Niltal. 107 Jahn, Biblische Archäologie, I/1, 21. Vgl. Christoph Meiners, Geschichte der Lehre vom wahren Gott, dem Urheber und Regierer aller Dinge, Duis- burg 1791, 164. 108 Jahn, Einleitung in die göttlichen Bücher des Alten Bundes, 2. Aufl., Wien 1803, Bd. II, Abtl. 2, 336. 109 Sandbichler, Aloys Sandbüchlers Abhandlung über die zweckmäßigen Mittel den hebräischen und griechischen Grundtext dem Wortsinne nach richtig zu verstehen, 588; Scott Mandelbrote, Biblical Hermeneutics and the Sciences: 1700-1900. An Overview, in: Jitse M. van der Meer, Scott Mandelbrote (Hg.), Nature and Scripture in the Abrahamic Religions, 1700–Present, Bd. I, Leiden 2008, 3-37, 27. 110 [Anonym,] Ueber: ѷƣƤ҄ чƫƬҳư ƲƮԏ ƧƤƮԏ҄ ƠѷƯƷƬ ƲүƬ шƫƠƯƲҲƠƬ ƲƮԏ ƩҴƱƫƮƳ, Joh. I. 29., in: NWTZ 9 /1 (1836), 289-314, 310-311: »Die zweyte […] ange- führte Einwendung, auf welche besonders Kuinöl (Commentarius in libros N. T. historicos vol. 3, Lipsiae 1825, S. 169folg.) ein so großes Gewicht legt, streitet den gewöhnlich angenommenen Sinn dieser Stelle vorzüglich aus der
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Title
Aufklärung habsburgisch
Subtitle
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Author
Franz Leander Fillafer
Publisher
Wallstein Verlag
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Size
14.0 x 22.2 cm
Pages
628
Keywords
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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