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Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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249Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« Empfindung«163 attestiert. Littrow fungierte als Garant des spezifisch österreichischen Antiidealismus, als habsburgisches Pendant zum »englischen Literaturcharakter«.164 In seiner Besprechung von Litt- rows Vermischten Schriften stellte Feuchtersleben fest, das Littrows Werk »ganz einheitlich die Mission« bezeichnete, »die schöne und segensreiche Mission, die Oesterreich, seiner Eigentümlichkeit und Bildung nach, dem übrigen Deutschland gegenüber, übernehmen zu können und zu sollen scheint«.165 Zur selben Zeit zelebrierten die Bolzano-Schüler Robert Zimmer- mann und Josef M. Fesl die Bedeutung ihres verewigten Lehrers für die Gegenwart. Strategien postrevolutionärer Schadensabwicklung prägten auch hier die philosophiehistorischen Prämissen. Als Zim- mermann 1849 in den Sitzungsberichten der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften über Bolzanos Aktualität schrieb, nützte er die Gelegenheit, um der vormärzlichen deutschen Philosophie am Zeug zu flicken, Zimmermann beschuldigte sie der intellektuellen Brandstif- terei.166 1852 legte Zimmermann der Akademie eine Eloge auf Leibniz’ Rechtsdenken vor, das er gegen Kant in Stellung brachte.167 Die Lesart 163 Ebda., 21. 164 »Er erinnert in diesen Eigenschaften an den englischen Literaturcharakter, der ihm auch wirklich vorzugsweise zusagte […] Ehre genug, daß  – im Vorbeigehen sei es zu sagen erlaubt  – in Oesterreich sich dieser Charakter zu wiederholen fand; daß wir uns, in andern Fächern ähnlicher Leistungen, in der Dramaturgie eines Schreivogel [sic] rühmen dürfen. Mögen wir ein solches Verdienst zu würdigen wissen, es zu behalten, vermehren suchen!«, ebda. 21. J. Schreyvogel war 1814 bis 1832 künstlerischer Leiter des Burg- theaters. 165 Ebda., 28. Vgl. auch Littrow, [Rez. v.] K. L. v. Knebel’s literarischer Nach- laß und Briefwechsel, II, hg. v. Varnhagen v. Ense und Th. Mundt, I, Leip- zig 1835-1836, in: ders., Vermischte Schriften, Bd. I, 314-351, 336 (vom »läppisches Tändeln und Winseln« der Musenalmanach-Autoren). 166 Robert Zimmermann, Über den wissenschaftlichen Charakter und die phi- losophische Bedeutung Bernard Bolzanos, in: SKAW 2 (1849), 163-174, 173: »Die letzte Epoche des wissenschaftlichen Lebens in Deutschland war ein Vorspiel seines jetzigen politischen. […] Derjenige, der nichts als ein schlich- tes, unbefangenes Streben nach Wahrheit und Deutlichkeit mitbrachte, wurde wohl gar als ein gefährlicher Gegner betrachtet, der die zweifelhafte Dämmerung, in welcher sich ein großer Theil unserer Philosophie verbarg und ihr Wesen trieb, nur zu bald in ihr Nichts aufzulösen vermöchte.« 167 Robert Zimmermann, Das Rechtsprinzip bei Leibniz. Ein Beitrag zur Ge- schichte der Rechtsphilosophie, Wien 1852, 50. Im Gegensatz zu Kants Maximen, so Zimmermann, sei Leibniz’ oberstes Vernunftgebot, das die »größtmögliche Summe von Wohlsein im Weltall« bezwecke, dem »Vorwurf der Inhaltslosigkeit« nicht ausgesetzt.
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Title
Aufklärung habsburgisch
Subtitle
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Author
Franz Leander Fillafer
Publisher
Wallstein Verlag
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Size
14.0 x 22.2 cm
Pages
628
Keywords
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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