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Übernahme durch das State Department
Übernahme durch das State Department –
Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der
psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion
Die zentrale Bedeutung des akademischen und beruflichen „Exchange-Programs“ gerade
im Zusammenhang mit der langfristigen , auf Eigenverantwortung und „selfdemo cratization“
hin angelegten US-Reorientierungs-Agenda wurde im Dezember 1949 anlässlich einer
Konferenz in Washington D.C. nochmals bekräftigt. Dabei ging es vor dem politischen
Hintergrund des Kalten Krieges zunehmend um die Adaptierung zivilgesell schaft licher
Wertvorstellungen und Normen analog zum „American way of life“ und damit sowohl um
weltanschaulich-ideologische Hegemonie als auch um ökonomische „Westernization“. Diese
Konferenz markiert zugleich den offiziellen Wechsel in der Verantwortung der Re-Demokra-
tisierungs-Angelegenheiten in Deutschland , Österreich und Japan vom US-Verteidigungs-
ministerium zu den Behörden des US-Außenministeriums. Für Deutschland bedeutete das ,
dass der bisherige Leiter der OMGUS-„Education and Cultural Relations Division“, Alonzo
G. Grace , zwar als „former Director“ teilnahm , die offiziellen Stellungnahmen aber bereits
von Ralph Nicholson , dem Direktor des „Office of Public Affairs , Office of the U.S. High
Commissioner for Germany“, verlautbart wurden. OMGUS-Oberbefehls
haber General
McCloy selbst ließ sich entschuldigen , wünschte der Konferenz aber viel Erfolg. Für Öster-
reich hatte dieser Zuständigkeitswechsel zunächst noch keine personellen Veränderungen
zur Folge : neben Samuel H. Williams als Leiter der USFA Education Division nahmen
noch Joseph Z. Schneider als bisheriger Vorsitzender des USACA-„Reorientation Commit-
tee“ sowie Ludwig Kleinwächter als österreichi
scher US-Gesandter an der Konferenz teil.2635
Als früherer Leiter der OMGUS-„Education and Cultural Relations Division“ und
nunmehriger Präsident der Indiana University sowie Vorsitzender der „Commission on the
Occupied Areas of the American Council of Education“ organisierte Hermann B. Wells in
Kooperation mit dem U.S. Department of State diese großangelegte Konferenz , die ( groß-
teils ) öffentlich zugänglich war und im US-Handels ministerium eröffnet wurde. Unter
dem Titel „Education in the Occupied Countries
– Today and Tomorrow“ bekräftigte die
Tagung in einer Vielzahl von Vorträgen und Workshops die offizielle „Reorientierungs“-
Doktrin der US-Regierung in den besetzten Ländern Deutschland , Österreich und Japan.
Interessanterweise nahmen sowohl für Deutschland als auch für Japan jeweils ein Univer-
sitätsrektor an der Konferenz teil , die österreichischen Universitäten waren hingegen nicht
vertreten.2636
2635 NARA II , RG 260 , EDU-DIV , Box 7 , Folder 3. Education in the Occupied Countries – Today and
Tomorrow. A Symposion. National Conference on the Occupied Countries , December 9.–.10 , 1949 ,
Washington D.C. 1949 , Conference Program.
2636 Für Deutschland war dies der Rektor der Freien Universität Berlin , Edwin Redslob , und für Japan der
Präsident der Tokyo National University , Shigeru Nambara. Vgl. ebd.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741