Page - 123 - in Habsburg als Touristenmagnet - Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910
Image of the Page - 123 -
Text of the Page - 123 -
Umgangsformen,Etikette 123
starkwachsendeZahlbürgerlicherGästewandelten.490NochimJahr1863,alsder
Anteil desAdels in Ischl ungefähr 15Prozent betrug, sei derwegenMangel an
Gästenkargbesetzte Spieltisch imCasinoder einzigeOrt gewesen, andemdie
hoheunddiebĂĽrgerlicheWeltzusammengekommenseien.491 JemehrBĂĽrgerliche
sichabereinenAufenthalt leistenkonnten,destomehrentstandenBerĂĽhrungs-
punkte zwischendenGesellschaftsschichten.Als immermehrkleinbĂĽrgerliche
BesucheralsPassantenundKurzaufenthaltervorallemEndedes19.Â
Jahrhunderts
anreisten,bemĂĽhtensichAdelundGroĂźbĂĽrgertum,exklusiveZoneninnerhalb
derKurortezubewahren.492 InSemmeringwarendiezweiWeltenum1900auf
denerstenBlickzuerkennen.WährendsichdieeineBevölkerungsschicht inden
denhöchstenAnsprüchengenügendenGrandhotelsaufhielt, verkehrtedieMasse
derTouristen,dieSemmeringalsKurzaufenthalteroderaufAusflĂĽgenbesuchten,
inder„Jubelhalle“.DasvolksnaheRestaurantnahedemBahnhofmit schlichter
UnterkunftwarvonAnfanganaufeinfacheresPublikumausgerichtetundwurde
vonstädtischenVereinenalsVeranstaltungsortgenutzt.493
Nichtsdestotrotz vermischten sich inderPraxisdieSchichten,beispielsweise
beiderPlanungdesab1883 jährlichstattfindendenSommerfestes inReichenau,
dasprominenteGästezusammenmiteinfachenEinheimischenvorbereiteten.494
InMeranwurdedasNebeneinander zurNormalität. Langewurdeversucht, ei-
negewisseDistanzzuwahren.MitderWendezum20.Â
Jahrhundert,denneuen
komfortablenHotels unddem in Scharen anreisendenBĂĽrgertumkamen sich
dieStände jedochnäher.Räumlichewie sozialeEntfernungvomAlltagunddie
zeitlicheBeschränkungdesZusammenseins schufenAusnahmesituationen,die
eserlaubten,gesellschaftlicheBarrierenzumindest temporärzuüberwinden.Die
Gemeinschaftstafel imHotel, die sogenannte Table d’hôte, bot dazu die ideale
Gelegenheit.495
AuchAngehörigederregierendenFamiliezeigtensich indenKurortenzugäng-
licher,alses inderResidenzmitdemstrengenHofzeremoniellmöglichgewesen
wäre.DadieHabsburgerdieselbenAktivitätenunternahmen,dieReiseführerden
Touristenempfahlen, trafenAngehörigeallerGesellschaftsschichtenzusammen,
beispielsweisebeimSpeisen imMolkensieder inIschloder imThalhof inReichen-
490 Siehe4.1WachstumundKonjunkturen,und4.6GesellschaftlicheStellungderGäste.
491 IschlerFremdenblatt,12.7.1863,Nr. 189,S.6;DerAnteildesAdelsbetruglautIschlerFremdenlisten
imJahr185419,8Prozent, imJahr1865nurnoch14,5Prozent.
492 Blackbourn,2001,S.449–450.
493 Kos,1984,S.136,152.
494 Pap,1996,S.162.
495 Abram,2001b,S.44.
https://doi.org/10.7767/9783205213741 | CC BY-NC 4.0
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien, Zeltgasse 1, A-1080 Wien
back to the
book Habsburg als Touristenmagnet - Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910"
Habsburg als Touristenmagnet
Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910
- Title
- Habsburg als Touristenmagnet
- Subtitle
- Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910
- Author
- Ursula Butz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978–3–205–21374–1
- Size
- 16.0 x 23.5 cm
- Pages
- 204
- Keywords
- Alpen - Alpenvorland - Voralpen, Alpen / Geschichte, Politik, Gesellschaft, Neunzehntes Jahrhundert, Bad Ischl, Meran, Reichenau an der Rax
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. EinfĂĽhrung 9
- 2. Adelsgesellschaft imWandel 21
- 3. Habsburger in Ischl,Meran und Reichenau 55
- 4. Aufschwung der Kurorte: Infrastruktur und mondänes Leben 85
- 4.1 Wachstum und Konjunkturen 88
- 4.2 Verkehrsrevolution 97
- 4.3 Gastgewerbe 102
- 4.4 Kureinrichtungen und technische Innovation 107
- 4.5 Unterhaltungsangebot 112
- 4.6 Gesellschaftliche Stellung der Gäste 116
- 4.7 Umgangsformen, Etikette 122
- 4.8 Politik und StaatsfĂĽhrung im Kurort 128
- 4.9 Fremdenverkehr und Einheimische 132
- 4.10 Fazit: HabsburgalsBeschleunigungsfaktor 136
- 5. Ă–ffentliche Wahrnehmung und Resonanz 139
- 6. Ergebnisse: Monarchie und Tourismus 175
- 7. Quellenverzeichnis und Bibliografie 179
- 8. Anhang 197