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Joseph Lanner – Leben und Werk
be fĂĽr zwei Violinen und Bass auf den Markt. In England schrieb Haydn neben den ĂĽblichen Menuetten
auch „Countrydances“.
Haydns Popularität führte dazu, dass ihm etliche Menuette zugeschrieben wurden, die er gar nicht selbst
verfasst hatte. Am bekanntesten wurde das so genannte „Ochsenmenuett“, das wie viele andere unter
Haydns Namen verbreitet wurde.
Eine gesonderte Betrachtung verdienen die Märsche. Auf Schloss Esterhazy stand Haydn die Feldmusik
zur Verfügung, bestehend aus 2 Oboen, 2 Fagotten und 2 Hörnern. Aber auch für Militärmusik schrieb
Haydn etliche Märsche, Auftragswerke aus seiner Londoner Zeit sind ebenfalls nachweisbar.
FĂĽr Haydn kann man zusammenfassend festhalten, dass seine Tanzmusik zwar nur einen sehr kleinen Teil
seines umfassenden Schaffens darstellt, sie sich aber zu seiner Zeit groĂźer Beliebtheit erfreut hatte und
als Quelle der Inspiration anderen Tanzmusikern gedient haben dĂĽrfte. Den Wandel vom Menuett und
Deutschen Tanz hin zum Walzer hat er noch nicht vollzogen, wenngleich seine „Teutschen“ bereits etliche
Charakterzüge des späteren Walzers aufweisen.
Ein ähnlicher Befund wie für Haydn lässt sich für Mozart53 aufstellen: Tanzmusik war Gelegenheits-
und Auftragsarbeit, konnte Freude bereiten oder eine lästige Pflichtübung darstellen, die von eigentlich
wichtigeren Aufgaben abhielt, konnte konventionell oder originell ausfallen. Bei Mozart wie bei Haydn
dominieren Menuette, Kontretänze und Deutsche Tänze, der Zeitraum umfasst die Jahre 1769 bis zu
seinem Sterbejahr 1791. Mozart hat gerne getanzt, wie brieflich mehrfach belegt ist, er gab Hausbälle in
seiner geräumigen Wiener Wohnung, wo bis in die Morgenstunden gefeiert wurde. Ab 1788 hatte er als
k.k. Kammer-Kompositeur für die Bälle in den Redoutensälen zu schreiben, diese Stücke verraten Lust
an der einfachen Form, ohne banal zu werden, sie sind mehr als bloĂźe PflichtĂĽbung und zeichnen sich
durch mitunter originelle Instrumentationseffekte aus.
Beethovens Tanzkompositionen54 sind bestenfalls ein Randphänomen in seinem nahezu alle Gattungen
umfassenden Schaffen, keine einzige wurde mit einer Opuszahl geadelt. Manche Werke, die Beethoven
zugeschrieben wurden, erwiesen sich als unecht, darunter ausgerechnet seine bekannten „Mödlinger Tän-
ze“, die einen Hinweis auf den Ausflugsort Brühl bei Mödling enthalten.
Wie bereits Haydn und Mozart vor ihm, so schrieb Beethoven ebenfalls fĂĽr die Redoute der Pensionsge-
sellschaft bildender Künstler Wiens. Zwölf Menuette und Zwölf Deutsche Tänze wurden am 22. Novem-
ber 1795 aufgefĂĽhrt und am 26. November 1797 wiederholt.
Für die beliebte Besetzung 2 Violinen – Bass entstanden Menuette und Ländlerische Tänze. Kojima ver-
mutet, dass die Besetzung (solistisch oder chorisch) je nach Gelegenheit wechseln konnte.
Das reichhaltigste Oeuvre hat Franz Schubert aufzuweisen. Zwar wird er streng genommen nicht zu den
Komponisten der Wiener Klassik gezählt, seine Tanzkompositionen wurden jedoch gerne gespielt und
zählten zum Kernrepertoire jedes Hausballes. Über dreihundert Tänze wurden in Serie XII der Gesamt-
ausgabe aufgenommen, es muss vermutet werden, dass weitere verloren gegangen sind. Als Orchester-
komponist wurde Schubert in Wien so gut wie nicht wahrgenommen, seine Lieder und Kammermusik
waren zunächst nur seinem engeren Freundeskreis bekannt. Seine Tänze hingegen fanden rasch Verbrei-
tung, zu seinen ersten gedruckten Werken zählen seine „Tänze“ op. 9, am 29. November 1821 erschienen
bei Diabelli, der zu seinem wichtigsten Verleger werden sollte. Zwei Jahre später veröffentlichte Diabelli
weitere Walzer, Ländler und Ecossaisen (op. 18).
53 Siehe auch Marius Flothius, Vorwort zum zweiten Band „Tänze“ der NMA, Amsterdam 1988.
54 Siehe auch Shin Augustinus Kojima, Vorwort zum dritten Band „Tänze für Orchester“ der GA, Bonn 1980.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Title
- Joseph Lanner
- Subtitle
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Author
- Wolfgang Dörner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Size
- 21.0 x 29.5 cm
- Pages
- 752
- Keywords
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang