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Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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81 Formen Tour absolviert, blieben ihnen zumindest einige wenige Momente des Verschnaufens). Was das Orchester spielte, war einerlei, war es kurz und man war nicht bereit, fing man später an, wurde es zu lang, konnte das Publikum ungeduldig werden. Künstlerische Intentionen wurden nicht erwartet – und lange nicht geboten. So wenig wie der Tanzablauf ritualisiert war, so wenig wurde die Einleitung vermisst, wenn es keine gab. Blickt man die lange Reihe der Lannerschen Werke entlang, so kann man den Wandel von Funktion zu künstlerischer Intention gerade an der Ausgestaltung der langsamen228 Einleitung am besten überbli- cken. Von einigen primitiv hingesetzen Akkorden, gerade gut genug, um ein wackeliges Ensemble zum Zusammenspiel zu führen, bis hin zur hochromantischen Stimmungsmalerei, von kaum ausgearbeiteten Kadenztakten hin zu abgeschlossenen Formteilen reicht bei Lanner die Palette. Der Gestaltungsfreiheit Lanners sind am ehesten die Introduktionen zu Ländlern und Walzern offen. Galoppe oder Polkas erfordern eine knappe, meist viertaktige Einleitung, in welcher das Tempo ange- schlagen wird. Der Zweivierteltakt nach einem Walzer oder einem anderen Tanz stimmt die Beteiligten auf einen raschen, nahezu rasenden „Kehraus“-Tanz ein, der als Abschluss einer längeren Walzerfolge diente (siehe dazu die einschlägigen Anmerkungen zu Galoppen und Polkas). In den Walzern baute sich die Spannung auf, die im Galopp ihren Höhepunkt fand, eine längere Einleitung zu einem Galopp wäre geradezu kontraproduktiv gewesen. Der Galopp musste explodieren, musste hineinfahren in das Wal- zertreiben, ihm Einhalt gebieten durch eine wirbelnde, alle vorangegangene Ausgelassenheit nochmals übertrumpfende nahezu animalische Wildheit, an deren Ende eine abrupte Unterbrechung oder ein Hin- eingleiten in ruhigere Gefilde stand. Die Quadrille ihrerseits gestattete durch ihre dem Werk immanente Statik keinerlei Freiraum für Einbegleitung. Die Ansage des gestrengen Tanzmeisters ersetzte, was in Walzern und Ländlern musikalisch schmeichelnd dem Tänzerpaar ins Ohr geraunt wurde. Spricht man bei Lanner von Introduktion, so muss man unterscheiden, ob es sich um ein Autograph, eine Stimmenabschrift oder die Klavierfassung handelt. Für Johann Strauß Vater nachgewiesen, für Lanner zu vermuten ist, dass Introduktionen erst nachträglich hinzugefügt wurden. Strauß konzipiert zunächst die Walzer, lässt am Beginn der Stimmen eine oder zwei Systeme leer, um dort nach Abschluss der Walzer- komposition die Introduktion hinzu zufügen. Für Lanner können wir dieses Verfahren nicht verifizieren, auszuschließen ist es nicht. Autographe Partituren von Lanner suggerieren einen durchgängigen Kompositionsvorgang, mangels Skizzen können wir nicht mehr rekonstruieren, ob die Niederschrift mit dem eigentlichen Erfinden Hand in Hand ging oder nur – wie bei Mozart – das schriftliche Fixieren einer bereits vollständig (ob im Kopf, ob auf Skizzenblättern, in Particellen etc.) vorliegenden Komposition bedeutete. Für die Introduktionen lässt sich daher aus den Autographen nichts gewinnen, was zeitliche Niederschrift in Bezug auf die Voll- endung der restlichen Teile anlangt. Weiters lässt sich aus dem Vorhandensein einer Introduktion nicht automatisch auf die Ausführung der- selben bei Tanzveranstaltungen schließen. Eher lassen Introduktionen an konzertante Versionen denken, bei denen sich Pracht und Reichtum der sinfonisch breiten Einbegleitungen adäquat darstellen ließen. Für einige Werke liegt neben den Stimmenabschriften des gesamten Orchesters eine einzelne Violinstim- me vor, in welchen Introduktionen und Finali zuweilen fehlen.229 Klavierausgaben bieten „klavieristisch“ gestaltete Introduktionen. Manchmal schimmert die Originalbe- setzung der Lannerschen Kapelle hindurch, andere Passagen sind eindeutig von den Möglichkeiten, aber auch Grenzen des Klaviers bestimmt. Die eingangs geschilderte Klage über die ausufernden und sinnent- 228 In der Musikanalyse hat sich der Begriff der „langsamen Einleitung“ etabliert, wenngleich viele Einleitungen nicht den Duktus der Langsamkeit vermitteln. Hat man die Noten nicht vor Augen, entscheidet oft mehr die Interpretation als der Komponist, was beim Zuhörer als „langsam“ ankommt. (Anm. d. V.) 229 U.  a. für op. 123, 126 etc., Details siehe Werkverzeichnis.
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Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
FWF-E-Book-Library
Title
Joseph Lanner
Subtitle
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Author
Wolfgang Dörner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Size
21.0 x 29.5 cm
Pages
752
Keywords
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Category
Biographien

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. FlĂĽchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. AbkĂĽrzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
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