Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Page - 6 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 6 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

Image of the Page - 6 -

Image of the Page - 6 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

Text of the Page - 6 -

Frank Stern · Barbara EichingerSteven Bell aber er kann nicht geleugnet werden und ist offensichtlich die Kehrseite des großen wirtschaftlichen und kulturellen Erfolgs der Juden in der Stadt. Drittens ist aus der komplizierten und mannigfaltigen Dialektik der jüdischen Integra- tion und ihren Wechselwirkungen auf die Wiener Umgebung ein besonders fruchtbarer Beitrag zur modernen Weltkultur entstanden. Gleichzeitig gab es auch interessante Ent- wicklungen innerhalb der jüdischen Gemeinde in Richtung einer intensiveren Selbst- behauptung als Juden, besonders in den verschiedenen Gruppen der zionistischen Be- wegung. Juden waren wichtige Teilnehmer an den drei Hauptformen der Moderne in Wien : der ästhetischen Moderne des Fin de Siècle, einem fortschrittsgerichteten Moder- nismus der Sozialreformen und einem „kritischen Modernismus“, der sowohl auf den anderen Kriterien beruhte und sie auch von innen kritisierte. Viele der Repräsentanten der ästhetischen Moderne der Jahrhundertwende waren jüdischer Herkunft, allen voran Hugo von Hofmannsthal. Wenn auch die Künstler der Secession meistens nicht jüdisch waren, so waren es doch zu einem großen Teil ihre Mäzene und Unterstützer. Das war ein Zeitraum, in dem sich die Dialektik der jüdischen Begegnung mit der modernen Welt in Zentraleuropa weiterentwickelt hat. Besonders in Wien wurde der fort- schrittsgerichtete Modernismus – vor allem in sozialistischer Form – von Persönlichkeiten wie Josef Luitpold Stern, Julius Tandler, Otto Neurath, Josef Frank, David Josef Bach, Hugo Breitner und vielen anderen jüdischen Teilnehmern am „Roten Wien“ gestaltet. Die meisten Hauptwerke des „kritischen Modernismus“ wie Karl Kraus’ Die letzten Tage der Menschheit, Ludwig Wittgensteins Tractatus und die philosophischen For- schungen des „Wiener Kreises“, die Kritik von Karl Popper, und die zweite Philoso- phie Wittgensteins sind Produkte dieser späteren Zeit. Das Hauptwerk des kritischen Modernismus, typisch unvollendet, war Schönbergs Moses und Aron von 1930. Auch die späten Werke von Freud und Schnitzler gehören zur Blüte des „kritischen Moder- nismus“ zwischen den Kriegen. Dies war bemerkenswerterweise ein Modernismus, der einen stark ethischen Ansatz vertrat und der Werte der Moderne durch textuelle Kritik prüfte und infrage stellte. Das Hinterfragen der „Wahrheiten“ der Gesellschaft und der Wissenschaft war der Kern des „kritischen Modernismus“ und kann als eine moderne Version der Hinterfragung der sakralen Texte betrachtet werden, die eine der großen jüdischen Traditionen der Vormoderne ausmachte. Zusammenfassend formuliert haben Juden nicht nur viel zur modernen Kultur in Wien beigetragen, sondern die Identität Wiens und Österreichs mitgestaltet. Wenn Steven Beller, „What is Austrian about Austrian Modern Art ? The Belvedere and the Struggle for Aus- trian Identity”, in : H. Kräutler, G. Frodl (Hg.), Das Museum : Spiegel und Motor kulturpolitischer Vi- sionen, Wien 2004. Siehe Ernst Glaser, Im Umfeld des Austromarxismus, Wien 1981.
back to the  book Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus"
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938