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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Page - 19 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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Einleitung 1 Jüdische Lebenserinnerungen Schicksalsgemeinschaft fest verbindet, ich aber zu den geistigen Quellen nie vor- gestoßen bin.“ Personen, die in orthodoxen Familien aufwuchsen, haben ebenfalls Probleme bei der Definition ihrer Herkunftsidentität. Judith Hübner (geb. 1921) stammte aus einer ursprünglich galizischen Familie, die die Religionsgesetze einhielt und mit dem Zionismus sympathisierte. Sie selbst führte diese Tradition in Israel weiter, wo sie sich in der national-religiösen Partei engagierte und, neben einer Karriere als Beamtin und Diplomatin, von 1990 bis 1996 Stadträtin und von 1996 bis 1999 Vizebürger- meisterin von Jerusalem war.9 Dennoch bezeichnet Hübner ihre Familie nicht als orthodox, sondern betont vielmehr, dass ihr Vater „modern“ eingestellt gewesen sei. 0 Auch Chava Holtzmann (geb. 1923) beschreibt ihre aus der ungarischen Orthodoxie herkommenden Eltern nur als „mäßig religiös“ oder „Traditionell“, obwohl deren religiöse Praxis ähnlich streng wie die im Elternhaus von Judith Hübner war. Die Verlobung von zwei Kleinkindern im burgenländischen Mattersdorf, durchgeführt von ungarischen Verwandten, die ihren Vater dazu eingeladen hatten, erschien ihr al- lerdings als befremdlich. Als sie nach der Volksschule in eine streng orthodoxe Schule kommen sollte, begann sie angesichts von Schläfenlocken bei Schülern und Bärten bei Lehrern zu weinen. Ihre Eltern hatten Einsehen und schickten sie daraufhin ins zionistische Chajes-Realgymnasium. Dennoch wirft Chava Holtzmann – die sich im Gegensatz zu Hübner nach ihrer Flucht nach Palästina von der religiösen Praxis ab- wandte – ihrem Vater vor, sie zu streng erzogen zu haben, da es ihm letztlich nicht gelungen sei, „eine produktive Synthese zwischen einem mild religiösen Juden und einem aufgeklärten gebildeten und modernen Menschen zu finden“. Die Idealvor- stellung bestand also in der Verbindung von religiöser Praxis und Modernität, die auch später säkulare ZeitzeugInnen in ihren Familien zumindest weitgehend erfüllt sahen. Denn diese Kinder aus „Traditionellen“ Familien wollen sich und ihre Eltern bewusst von rückständigen orthodoxen Zuwanderern aus dem Osten und den Chas- sidim in Wien abgrenzen. Denn im Gegensatz zu diesen standen ihre Familien trotz ihrer Religiosität der modernen Bildung und Kultur offen gegenüber und fühlten sich als WienerInnen. Bei säkularen Israelis, die von einer traditionellen Vergangenheit in Wien berichten, tritt noch der Wunsch dazu, ihre Familien von der gegenwärtigen Joseph T. Simon, Augenzeuge. Erinnerungen eines österreichischen Sozialisten. Eine sehr persönliche Zeitgeschichte, hg. von Wolfgang Neugebauer, Wien 1979, S. 8. Vgl. Dieter Josef Hecht, Albert Lichtblau, Mutterland – Vatersprache. Eine Dokumentation des Schicksals ehemaliger ÖsterreicherInnen in Israel, Tel Aviv 2005, S. 93f. 0 Angelika Hagen, Joanna Nittenberg (Hg.), Flucht in die Freiheit, Wien 2006, S. 357. Chava Holtzmann, geb. Henriette (Henny) Nussbaum, Kt. 65, Sig. 257.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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