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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Page - 29 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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Einleitung Jüdische Lebenserinnerungen obwohl sie nach ihrer Verehelichung nie politisch aktiv war. Die Sozialdemokratie übernahm in gewisser Weise die Funktion Kaiser Franz Josephs als Garant für die Sicherheit der Juden. Towa Bar Niw (geb. ca. 1920), deren Vater Textilkaufmann und Mitglied der sDaP war, beschreibt das „Rote Wien“ als „Blütezeit der Juden“, da man sich trotz des Antisemitismus als „Teil des Ganzen“ fühlen konnte. Dabei verfolgte die sDaP, um nicht als „Judenschutzpartei“ stigmatisiert zu wer- den, eine Politik der „Neutralität“ gegenüber dem Antisemitismus und bemühte bei ihrer Kapitalismuskritik auch antisemitische Stereotype. Aber sie war die einzige österreichische Großpartei, die nicht programmatisch antisemitisch war und Juden erhebliche Aufstiegschancen bot. Allerdings zeigten sich auch viele jüdische Sozial- demokraten unsensibel gegenüber der Gefahr des Antisemitismus. Sonia Wachstein zog sich wegen solcher antisemitischer Töne als Studentin von der aktiven Parteiarbeit zurück, unterstützte die sDaP aber noch zur Zeit der Illegalität (1934–1938) und verkehrte auch im Londoner Exil mit polnischen Bundisten und österreichischen Sozialdemokraten, was ihre tiefe Prägung durch die Partei zeigt. Ein Teil der AutorInnen wuchs bereits in sozialdemokratischen Familien auf. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich zum ersten Mal als Sozialist fühlte, es war immer schon so“, schreibt Joseph Simon (geb. 1912), dessen Vater Otto ein „Wie- ner jüdische[r] Mathematikprofessor, Atheist und Sozialist“ war. Josef Hindels (geb. 1916) bezeichnet sich als „Kind des Roten Wien“. Die Familie von Norbert Abeles (geb. 1923) war sozialdemokratisch, kleinbürgerlich und säkular ; sein Vater arbeitete als Fürsorgebeamter für die Israelitische Kultusgemeinde. Trotz der erheblichen Zahl jüdischer Intellektueller, die in der sDaP aktiv waren, überwog unter den jüdischen So- zialdemokraten doch das kleinbürgerliche Segment. Stella Klein-Löw besuchte als Ver- tauensperson ab 1922 Mitglieder der sDaP und beschreibt ihre jüdische Klientel wie folgt : „Viele meiner Mitglieder waren Juden, so manche unter ihnen fromme Juden, die ich am Samstag nicht besuchen durfte, alle klassenbewusste, arme Teufel. Proletarier und Jude – zwei Bürden, die es zu tragen gab. Denn es gab Antisemitismus.“ Marie Bergel, Injoest, Kt. 2, Sig. 9. Towa Bar Niw, Injoest, Kt. 2, Sig. 6. Zum Antisemitismus der Zwischenkriegszeit siehe : Albert Licht- blau, „Antisemitismus – Rahmenbedingungen und Wirkungen auf das Zusammenleben von Juden und Nichtjuden“, in : Emmerich Talós/ Herbert Dachs/ Ernst Hanisch/ Anton Staudinger, Handbuch des politischen Systems Österreich. Erste Republik 1918–1933, Wien 1995, S. 454–471. Wachstein, Hagenberggasse 49. Simon, Augenzeuge, S. 7. Hindels, Autobiografie, S. 4. Norbert Abeles, Injoest, Kt. 1, Sig. 1/1, 1/2. Klein-Löw, Erlebtes und Gedachtes, S. 41. Zur kleinbürgerlichen Struktur der jüdischen Sozialdemokra- ten vgl. auch Simon, Augenzeuge, S. 64.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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