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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Page - 162 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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1 Klaus S. Davidowicz lungen, die er in den Dienst seiner „jüdischen Renaissance“ stellte. Er verminderte dabei die Bedeutung der chassidischen Homilien, während er die Wichtigkeit der charismatischen chassidischen Führergestalten herausstrich. „Weil der Chassidismus in erster Reihe nicht eine Kategorie der Lehre, sondern eine des Lebens bedeutet, ist unsere Hauptquelle zu seiner Erkenntnis die Legende, und erst nach ihr kommt seine theoretische Literatur. Diese darf zu einem gewissen Teil als Kommentar zu dem ge- lebten Leben angesehen werden, jene als Text.“ Buber vertrat die Meinung, dass, nachdem der Chassidismus das Gefühl und die jüdische Aufklärung das Denken befreit hätte, eine moderne jüdische Kunst diese Renaissance vorantreiben könne. „Als vor vierzig Jahren ein Kreis junger Menschen, dem ich angehörte, die Judenheit der deutschsprachlichen Länder auf die Idee einer Wiedergeburt des jüdischen Volkes und des jüdischen Menschen hinzuweisen began- nen, bezeichneten wir das Ziel unserer Bestrebungen als eine jüdische Renaissance. Es war kein Zufall, dass wir einen geschichtlichen Begriff wählten, der kein nationa- ler war. Gewiss schwebte der italienischen Renaissance schon in ihrer Frühzeit ein Bild der Erneuerung des Populus Romanus, der Regeneration Italiens, vor, aber darin barg sich, wie uns damals schon mein Lehrer Dilthey, etwa zehn Jahre später mit be- sonderer Deutlichkeit der unseren Bestrebungen mit warmer Sympathie zugewandte bedeutende Germanist Konrad Burdach gezeigt hat, der Gedanke einer Bejahung des Menschen und der menschlichen Gemeinschaft, die phönixartige Wiedergeburt des Menschenwesens.“ 9 Wie entstanden nun Bubers erste Schriften zum Chassidismus ? Nach dem Tod von Theodor Herzl im Jahre 1904 hatte sich Buber von der aktiven zionistischen Arbeit für eine Zeit lang zurückgezogen und beendete sein Doktorat „Zur Geschichte des Individuationsproblems“ an der Universität Wien. Sein Großvater Salomon Buber schrieb ihm im Februar 1905 : „Mögest auch Du Dir einen grossen Namen in der Welt machen. Und eine sorgenlose Zukunft Dir bereiten. Es möge bald sein damit ich es auch erlebe. Die Zeit ist kurz.“ 0 Buber arbeitete schließlich als Lektor für den Verlag „Rütten und Loening“ in Berlin und gab dort bis 1912 vierzig Bände der Gesellschaft heraus. Daneben sammelte er mystische und mythische Texte aus den unterschied- lichsten Kulturen, wie Reden und Gleichnisse des Tschuang-Tse (Leipzig 1910), Chinesi- sche Geister- und Liebesgeschichten (Frankfurt am Main 1911), Kalewala, das Finnische Epos (München 1914) und Die vier Zweige des Mabinogi – Ein keltisches Sagenbuch Martin Buber, „Die chassidische Botschaft“, in : ders. Werke III, München, Heidelberg 1963, S. 760. In zahlreichen frühen Aufsätzen formulierte Buber diese Gedanken, z. B. in : „Renaissance und Bewe- gung“ (1903) und in : Jude und Judentum, S. 265–272. „Hebräischer Humanismus“ (1941), in : Buber, Jude und Judentum, S. 717. 0 Martin Buber, Briefwechsel aus sieben Jahrzehnten, S. 229.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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