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Historische Aufzeichnungen
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Page - 168 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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1 Klaus S. Davidowicz Aus der umfangreichen Sammlung der Schivchei Ha-Bescht und anderen Samm- lungen wie Kahal chassidim (Lemberg 1865) 9 wählte Buber für seine Legende des Baalschem nur einundzwanzig Geschichten aus und teilte sie in drei Kreise ein. In späteren Editionen wie Zürich 1955 wurde sogar „Die Predigt des neuen Jahres“ aus- gelassen. Buber erweiterte den Text um zahlreiche Ausschmückungen und kürzte auf der anderen Seite Teile, die nicht zu seinem Gesamtbild passten. So strich er zunächst alle Zitate aus der traditionellen jüdischen Literatur – Bibel, Talmud, Sohar und Sidur – und veränderte zugleich die Intention des Textes. Während der Ba’al Schem Tov im Original die Kinder zum Lehrhaus und in die Synagoge bringt, damit sie dort das Kaddisch und das Schmone-Esre-Gebet lernen, wird bei Buber daraus eine völlig aus dem jüdischen Rahmen losgelöste allgemeine Geschichte : der Bescht führt Kinder zur Schule und wieder heimwärts. Im Original verwandelt sich der Satan in einen nicht-jüdischen Zauberer, der sich – passend zur jüdischen Dämonologie – unabhän- gig vom Vollmond etc. in einen Wolf verwandeln kann. 0 Buber folgt dagegen den allgemeinen volkstümlichen Werwolf-Vorstellungen und führt die Figur eines Köhlers ein, der sich manchmal unfreiwillig in einen Werwolf verwandeln muss. Während im Original der Bescht den Werwolf schlicht mit einem Stock tötet, erfindet Buber einen völlig fantastischen Kampf mit dem Werwolf, wobei sich durch den Köhler und die Herzsymbolik auch Anklänge an Hauffs Das kalte Herz finden. Die übernatürlichen elementaren Bilder erinnern insgesamt eher an die deutsch-romantische Märchen- welt als an die einfache Sprache der chassidischen, der jüdischen Tradition verbunde- nen Erzählungen. Hier kommt auch die Mitarbeit Paula Bubers (geborene Winkler, 1877–1958) an den beiden ersten chassidischen Nacherzählungen sehr deutlich zum Tragen. „Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt, an dem Paula als Lektorin und Kritikerin, vor allem aber als Autorin mitwirkt. Der erste Teil, „Die Geschichten des Rabbi Nachman“, sind das Arbeitsergebnis eines von Bubers Großmutter finan- zierten einjährigen Florenzaufenthaltes des Paares. Wie sich die Zusammenarbeit der beiden gestaltet, zeigt der Briefwechsel der nun wieder Getrennten während der Zu- sammenstellung des zweiten Bandes. Martin, wieder in Berlin, schickt Paula seine Manuskripte und fragt sie um Rat. Oft bittet er sie aber auch um Bearbeitung, Um- arbeitung, „Veredlung“ des Rohmaterials – doch mehr noch : Wie kongenial Paula Buber sich in den Stoff hineinzuversetzen vermag, wird daran deutlich, dass sie ganz In der hebräischen Originalausgabe von Bubers Erzählungen der Chassidim, Or Ha-Ganuz, Tel Aviv 1979 (Erstdruck 1947), befindet sich von Seite 469 bis 496 ein Verzeichnis der chassidischen Quellen- texte, die Buber benutzt hat. In der deutschen Ausgabe, Erzählungen der Chassidim, Zürich 1949, fehlt dieser Anhang. 0 Joshua Trachtenberg, Jewish Magic and Superstition, Philadelphia 2004 (Reprint von 1939), S. 39.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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