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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Page - 211 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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„Wenn Dich drückt der Judenschuh“ 11 sozialismus gewaltsam auf seine jüdische Herkunft gestoßenen Zeisl signifikant große Wirkung ausgeübt haben. Das Organ Prelude der Pariser Hiob-Version – für Paul Ste- fan einen „Prolog im Himmel vorstellend“ 0 – trägt als Fugenthema eine Abwandlung des Hauptthemas aus Menuhim’s Song. Dieses ursprünglich für Violine und Klavier gesetzte Stück stellte Zeisl in der Transkription für Orgel der Fuge voran. Auffälligstes melodisches Merkmal an Menuhim’s Song ist die exponiert betonte und hier maß- geblich für die Assoziation mit „jüdisch-traditioneller“ Intonation mitverantwortli- che übermäßige Sekund. Rezitierende Sequenzen und eine freie Fortspinnung des Eingangsmotivs verleihen dem Stück Gebetscharakter. Das Motiv wird nicht in her- kömmlicher Form verarbeitet, sondern vielmehr improvisatorisch stilbildend weiter- geführt. Der Aufbau des Stücks lässt den Vergleich mit „Strophen“ zu, welche in drei unterschiedlich langen Anläufen den Anrufungscharakter unterstreichen. Das letzte gedehnte Anheben der Melodiestimme wirkt gefestigt entsprechend dem Gedanken der Zuversicht und der „Tröstung durch das Gebet“ und vermittelt ein „sich im Gebet Beruhigen“. Die in trioliertem Auftakt ansetzende, charakteristische Tonfolge D-F- G-A-Gis etabliert Zeisl in Menuhim’s Song als „Motto“, das in Folge-Kompositionen, wie etwa dem Requiem Ebraico oder der Brandeis Sonata, gleich einem Initial wieder- zuerkennen ist. In der Pariser Hiob-Version verschrieb Zeisl sich erstmals jenem von ihm selbst als „outspoken Jewish music“ deskribierten Stil, dessen Merkmale unter anderem im improvisatorischen Anrufungscharakter, in ornamenthaften Kantilenen und rhapsodischen Melismen mit seufzerartigen Vorhaltsbildungen liegen, in einfach gehaltenem harmonischen Aufbau mit von Septimen, Sexten und Quarten beleb- ten Akkorden, in modalen Strukturen oder in der exotisch gefärbten „Zigeunermoll- Skala“, die als Variante zum harmonischen Moll durch ihren zweiten Leitton zur 5. Stufe übermäßige Sekunden bildet. Diese Momente werden in der Stilisierung zu Symbolen für den Nachklang jüdischen Idioms. Repräsentativ dafür stehen neben den von jüdischer Folklore durchdrungenen Instrumentalsätzen jene mit Andante re- ligioso (hebraique) überschriebenen, vom Komponisten mit „a deep religious feeling, something like a prayer“ assoziierten, lyrisch-expressiven Sätze der amerikanischen Zeit. Neben dem Requiem Ebraico (1944/45) und der Brandeis Sonata (1949/50) fokussiert sich in den Songs for the Daughter of Jephta (1948), dem Chorwerk From 0 Kritik Paul Stefan. Zeitungsausschnitt ohne Angaben (Zn). Zitiert nach Malcolm S. Cole, Barbara Barclay, Armseelchen. The Life and Music of Eric Zeisl, Westport- London 1984, S. 40. Zitiert nach Ebd., S. 40. Initiator des Requiem Ebraico war vermutlich Arnold Schönbergs Kol Nidre-Auftraggeber Jacob Sonder- ling, der auch Ernst Tochs Cantata of the Bitter Herbs oder Erich Wolfgang Korngolds Passover Psalm in Arbeit stellte.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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