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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Page - 252 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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Karin Stögner legende. So hieß es in der von Himmler 1942 herausgegebenen Broschüre Der Unter- mensch : „Und mit dem Juden in vorderster Linie stand die Jüdin als Flintenweib, als Partisane und als Dirne in einer Person.“ 9 Die „Jüdin“ kämpft mit Waffen, die nicht von dieser Welt sind, magisch gleich- sam nimmt sie den Einfältigen in ihren Bann – sie vereinigt damit alle Elemente des Hexischen, ja sie ist die moderne Hexe. Dass die Vorstellungen des Hexischen immer schon antisemitisch bzw. judenfeindlich waren, darauf weist vor allem das in Deutsch- land häufige Motiv der „Judensau“ hin, etwa jene in Frankfurt, die eine „jüdische Hexe“ enthält. 0 Aber auch der Ausdruck „Hexensabbat“ weist auf diesen innigen Zusammenhang hin. Die Sünde der Hexe war ihre geschlechtliche Verbindung mit dem Teufel, ihre sexuelle Potenz, ihr Phallus – alles Attribute, die auch der „Jüdin“ zugesprochen wurden, die, ebenso wie die Hexe, lebendige verkehrte Natur repräsen- tierte. Solche Frauen handelten nicht ihrem zugeschriebenen Geschlechtscharakter gemäß, wurden zu Monstren stilisiert und waren darob prädestiniert, die gesellschaft- liche Position der totalen Außenseiterinnen einzunehmen. Die Abgrenzung kulmi- niert dort, wo zwei Stränge der Emanzipation zusammenlaufen : die jüdische und die der Frauen. Am Scheitern der weiblichen Emanzipation kann jene der jüdischen demonstriert werden und umgekehrt. Die mehrschichtige Darstellung der Judith und Salome „ist zu verstehen als Selbstverständigung einer bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland darüber, daß die Gleichberechtigung der Frau, ihre Politisierung gar und Aktivierung, weder möglich sei noch wünschenswert. Am Falle der Judith als der bürgerlichen Heroine kann die Zurücknahme der Aufklärung demonstriert wer- den.“ Zurücknahme der Aufklärung und der Errungenschaften der Emanzipation. Die beginnende Filmindustrie spielte in dem Prozess der Erzeugung, der Integra- tion und des gleichzeitigen Bannens des „bösen Weiblichen“ in Form der sexuellen Frau mit „jüdischer Konnotation“ eine bedeutende Rolle. Die amerikanische Schau- spielerin Theda Bara etwa entsprach dem Bedürfnis des Kinopublikums im zweiten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts, über Nicht-Identifikation Fremde herzustel- len. Sie umgab sich mit dem Touch der „semitischen sexuellen Frau“ und Außen- seiterin und wurde zum geschäftstüchtigen Star. In Wahrheit war Theda Bara we- der jüdisch noch orientalisch. Die Masken des „Jüdischen“ und „Verschlingenden Weiblichen“ jedoch waren in jener Zeit gefragt, zumal im Kino, wo sie nicht zuletzt einer kollektiven Kanalisierung freischwebender Aggressionen und Begehren dienten. Zitiert nach Jakubowski, „Vierzehntes Bild : ,Die Jüdin‘“, S. 196–209, S. 207. 0 Vgl. Ebd., S. 197. Mayer, Außenseiter, S. 71. Vgl. Dijkstra, Das Böse ist eine Frau, S. 360.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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