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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Page - 347 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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Die Zukunft und das Ende einer Illusion Untersuchung stattfand, illustriert ein Auszug aus einem Brief Freuds an Abraham : „[…] Bei einer Gelegenheit, da ich als Sachverständiger vor einer Kommission zur Er- hebung militärischer Pflichtverletzungen über eine Anklage gegen Wagner zu fungie- ren hatte, konnte ich wieder die ganze verlogene Gehäßigkeit der hiesigen Psychiater konstatieren. Aber natürlich wagten sie sich erst hervor, als ich nicht mehr dabei war ; in meiner Gegenwart benehmen sie sich scheißfreundlich, wie man in der Sprache der erogenen Zonen zu sagen pflegt […].“ In Freuds Expertise, die breiten Widerhall in der Öffentlichkeit fand, sagte er (1920) : „Aber ebenso ist es richtig, dass wir ein Volksheer hatten, dass der Mann zum Kriegsdienst gezwungen war, dass er nicht gefragt wurde, ob er gerne in den Krieg geht, und man musste daher darauf gefasst sein, dass die Leute flüchten wollten, und den Ärzten ist etwas wie die Rolle von Maschinengewehren hinter der Front zugefal- len, die Rolle die Flüchtigen zurück zu treiben […] Für den ärztlichen Stand war es eigentlich eine Aufgabe, die sich nicht recht damit verträgt.“ Nach den ersten Jahren der psychoanalytischen Bewegung, die den Abfall zweier Strömungen mit sich brachte – C. G. Jung und Alfred Adler begründeten eigene Schulen, die von Freuds Theorie entfernt waren –, kam es 1924 zu einem neuerlichen Bruch : Otto Rank entfernte sich mit seinem Werk Das Trauma der Geburt von der psychoanalytischen Theorie und trennte sich 1928 endgültig von Freud. Die Psychoanalytiker im Wien der Zwischenkriegszeit waren Exponenten einer Subkultur, die in vielen Bereichen ein neues Verständnis für psychosoziale Fragen entwickelte. Sie engagierten sich in Bereichen, die vorher der Kirche oder karitativen Organisationen vorbehalten waren. Besonders im Bereich der Pädagogik gab es er- staunliche Aktivitäten. Angefangen bei August Aichhorn, der für das Wiener Jugend- amt zuerst in einem Heim in Oberhollabrunn tätig war und nach dessen Schließung die Erziehungsberatung des Jugendamtes leitete, über Siegfried Bernfeld, der gemein- sam mit Willi Hoffer das jüdische „Kinderheim Baumgarten“ leitete, bis zur „freien Schule“ in Hietzing, die von Eva Rosenfeld, Dorothy Burlingham und Anna Freud gegründet wurde. Die „freie Schule“ bestand von 1927 bis 1931. An dieser Schule arbeiteten damals Peter Blos oder Erik Homburger Erikson, die später sehr bekannte Kinderpsychoanalytiker in den usa wurden und Generationen von Kinderanalyti- kern beeinflussten. All diese Menschen waren Teil einer Subkultur mit allen dazuge- hörenden Verzweigungen und Berührungspunkten. Es gibt die Verbindung zwischen Freud – Abraham, Briefe 1907–1926, S. 296. K. R. Eissler, Freud und Wagner-Jauregg vor der Kommission zur Erhebung militärischer Pflichtver- letzung, Wien 1979, S. 53. E. Mühlleitner, E., Biographisches Lexikon der Psychoanalyse, Tübingen 1992.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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