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Historische Aufzeichnungen
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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1 Klaus Hödl tigkeit besitzen. Solche Aktivitäten können lediglich beschrieben, nicht aber erzählt und damit auch nicht zu einem historischen Narrativ zusammengefasst werden. Um aus der Deskription punktueller Aktivitäten eine Erzählung zu gestalten, ist es notwendig, auf eine größere Reihe von Handlungen zurückgreifen und sie mitei- nander verbinden zu können. Dies ist beispielsweise dann gegeben, wenn Praktiken wiederholt werden. Im konkreten Fall müssten über einen bestimmten Zeitraum hin- weg die alljährlichen Kostümfeste des Vereins analysiert werden. Auf der Grundlage der daraus resultierenden Ergebnisse könnte dann eine Tendenz erkennbar sein, die die Betonung der religiösen Differenz zwischen Juden und Nichtjuden, wie sie bei der Veranstaltung im Jahre 1899 vorgekommen ist, nicht als ein einmaliges Vorkomm- nis ausweist, sondern als einen Aspekt einer Entwicklung interpretiert, die zu einer wachsenden Kluft zwischen Juden und Nichtjuden geführt hat. Eine solche Deutung ließe sich mit dem zeitgenössischen Kontext in Übereinstimmung bringen, der von einer zunehmenden Entfremdung zwischen Juden und Nichtjuden geprägt war, die letztlich zur jüdischen Renaissance führte. Es wäre aber auch möglich, dass die erforschten Praktiken keine Tendenz erken- nen lassen. Was an ihnen genau abgelesen werden kann, ist an dieser Stelle lediglich zweitrangig. Wichtiger ist, sich darüber im Klaren zu sein, dass eine historiografi- sche Fokussierung auf punktuelle Handlungssequenzen keine Narrative hervorbringt und dass dafür ein Zusammenhang zwischen ihnen hergestellt werden muss. Wollte man mit einem performativen Ansatz eine kohärente historische Erzählung verfassen, dann müsste er dafür ausgebaut werden. Seine historiografische Importanz besteht stattdessen im Aufzeigen von Brüchen und Diskontinuitäten. Er stellt eine problem- orientierte Herangehensweise dar, die das Kontingente hervorhebt, dessen Deutung mit vorliegenden Narrativen abstimmt und dabei entstehende Dissonanzen zum Vor- schein bringt. „Tanz in Bildern“ Im Folgenden soll unter dem Gesichtspunkt der Akkulturationsproblematik ein weiteres Faschingsfest, das allerdings nicht von einem interkonfessionellen, sondern einem jüdischen Verein veranstaltet wurde, näher beschrieben werden. Im Zentrum der Ausführungen stehen demnach keine jüdisch-nichtjüdischen Interaktionen, son- dern Deutungen jüdischer Handlungsprozesse. Der performative Ansatz charakte- risiert weiterhin den methodischen Zugang, und auch das Konzept des kulturellen Michael Brenner, Jüdische Kultur in der Weimarer Republik, München 2000.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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