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Historische Aufzeichnungen
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Page - 440 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus

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0 Birgit Peter nach der Vertreibung der Juden in dumpfen Provinzialismus zurückfällt. Bettauers Roman hält aber auch die in seiner Gegenwart paradoxe Situation der Utopie eines libe- ralen Miteinanders auf der einen Seite und des Faktums eines offensiv antisemitischen Klimas, produziert vor allem von deutschösterreichisch-katholischen und deutschna- tionalen Milieus, auf der anderen Seite fest. Allerdings muss erwähnt werden, dass sich in diesem konservativen Umfeld auch Nischen für zum Deutschösterreichischen bekennende Persönlichkeiten jüdischer Herkunft finden. So beispielsweise Helene Richter, Hugo von Hofmannsthal, Eduard von Hanslick, Max Reinhardt u.v.m.. Leon Botstein weist auf diesen Aspekt hin, um prinzipiell die Frage zu stellen, wer in diesem Kontext als „Jude“ definiert wird : „Wer vom Standpunkt der Geschichte, war ein Jude ? In der jüdischen und in der nicht-jüdischen Historiographie gebraucht man unbewusst die extreme, rassistische Definition. Kann man als Geschichtsschrei- ber den Identifizierungsprozeß, den die Nazis als legale Tatsache aufstellten, einfach übernehmen. War Eduard Hanslick, der als Katholik aufgewachsen war, Jude, weil seine Mutter als Jüdin geboren worden war ? Welche Gründe gibt es Hugo von Hof- mannsthal als Jude zu betrachten ? Eines der tragikkomischen Beispiele ist jenes der Familie von Johann Strauß. Wenn man bedenkt, wie das Werk von Strauß schon am Anfang des 20. Jahrhunderts zum Klischee des Echt-österreichischen geworden war, ist es sicher herausfordernd, die Bedeutung der Tatsache zu analysieren, dass die Großeltern und Eltern von Johann Strauß Vater Juden waren. Die Nazis verdrängten diese Tatsache, da unter den Nürnberger Gesetzen alle Strauß-Werke verboten hätten werden müssen. Eine Tatsache, die viele nazistische Prämissen über Rasse und Kultur umgestürzt hätte.“ Die vier in diesem Beitrag vorgestellten Persönlichkeiten waren nach den „Nürn- berger Gesetzen“ Juden, sie hatten jedoch gänzlich unterschiedliche Standpunkte zu ihrer jüdischen Identität, unterschiedliche Strategien gegen den Antisemitismus, was sie allerdings verbindet, ist ihr sehr spezifischer Beitrag zu einem Wienbild, das uns gegenwärtig als vertrautes Klischee erscheint. Wienerlieder, Burgtheater-Schauspiel- kunst und Theaterleidenschaft wären oberflächlich betrachtet ihre Beiträge, die dieses Klischee erfüllen. Das Lebenswerk von Künstlern und Intellektuellen, wie die oben ge- nannten Gustav Pick, Adolf von Sonnenthal, Hermann Leopoldi und Helene Richter, zeichnet sich einerseits durch ihre tiefe Verbundenheit zu Wien bis 1938 aus, anderer- seits kreierten eben jene Persönlichkeiten wesentliche Elemente dieser Stadtimago. Vor der Hinterfragung und Analyse dessen muss kurz der hier verwendete Begriff „Wienbilder“ umrissen werden. Der Architekturhistoriker und -theoretiker Friedrich Hugo Bettauer, Die Stadt ohne Juden. Ein Roman von Übermorgen, Wien 1923. Botstein, Judentum und Modernität, S. 16.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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