Page - 465 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Frau Breier aus Gaya meets The Jazz Singer
Vater das Kol Nidre nicht mehr in der Synagoge singen wird können. Die Gemeinde
bedrängt den Sohn, doch endlich an die Stelle seines Vaters zu treten. Der Sohn
kämpft mit sich, da die Premiere seines Broadway-Stücks, das ihm zum Durchbruch
verhelfen soll, ebenfalls ausgerechnet am Vorabend von Jom Kippur angesetzt ist. Der
Sohn wählt schließlich die Tradition, verlässt den Broadway und nimmt den Platz des
Vaters im Tempel ein. Soweit das Bühnenstück, das der junge Autor Samson Rapha-
elson aus seiner eigenen Kurzgeschichte geschrieben hatte.
Trotz der zurückhaltenden Kritik zu der Aufführung nimmt das Interesse beim
Publikum zu. Besonders rund um die hohen jüdischen Feiertage, die das Stück the-
matisiert, steigt die Zahl der Zuschauer. Schließlich blieb die Produktion „ganze
38 Wochen auf dem Spielplan und wurde am Ende nur deshalb abgesetzt, weil der
Star des Stücks, George Jessel, einen Vertrag bei den Warner Brothers unterzeichnet
hatte“. Das war kein Zufall, denn die Warner Brothers hatten zur selben Zeit auch
die Filmrechte an dem Stück erworben. Die Warners galten unter den frühen jüdi-
schen Hollywood Tycoons (und es ist nicht falsch zu sagen, dass es unter den frühen
Hollywood Tycoons fast nur jüdische gab) als diejenigen, die sich am stärksten zu
ihrem Judentum privat wie öffentlich bekannten. Insbesondere Harry Warner, der
älteste der Warner-Brüder, zeigte sich als engagierter Kämpfer für die Gleichberech-
tigung der Juden, die in den Zwanzigerjahren auch in den usa in vielerlei Hinsicht
nicht gegeben war.
Die Warners hatten mit George Jessel, einem prononciert jüdischen Darsteller,
einiges vor. Mit seinem Lower-East-Side-Dialekt spielte er New-Yorker-jüdische Cha-
raktere, die auch den Filmen ihre Titel gaben. So zum Beispiel PriVate iZZY mur-
PhY (1926), ginsberg the great (1927) oder george Washington cohen
(1928) .
Carringer, “History of a Popular Culture Classic”, in : Ders. (Hg), The Jazz Singer, S. 12. Angeblich
wollte Al Jolson, der später tatsächlich den Jazz Singer im Film spielte, bereits anhand der Kurzge-
schichte einen Film und eine musikalische Revue entwickeln. Der Autor Raphaelson war jedoch da-
gegen und schrieb den Stoff selbst zu einem Theaterstück um.
Neal Gabler, Ein eigenes Reich. Wie jüdische Emigranten Hollywood erfanden, aus dem Amerikanischen
von Klaus Binder und Bernd Leineweber, Berlin 2004, S. 193.
Die Plots in Kürze : PriVate iZZY murPhY, ein junger Mann von irisch-jüdischer Herkunft, hält um
die Hand der schönen, aber irisch-katholischen Colleen Ellen Connaghan an. Um sie und ihren Vater
zu überzeugen, rückt er mit dem berühmten 69. Regiment, einem irisch-amerikanischen Verband,
in den Ersten Weltkrieg ein und kommt ordenüberschüttet zu seiner Liebsten zurück. Noch immer
weigert sich der streng katholische Vater, wird aber von Izzys Freunden bearbeitet und schließlich
überzeugt, den Helden als Schwiegersohn zu akzeptieren, wodurch einem Hollywood-Hochzeitsfinale
nichts mehr im Weg steht. ginsberg the great ist ein kleiner Zauberer, der von einer großen Kar-
riere träumt. Indem er einen Produzenten vor einem drohenden Juwelendiebstahl bewahrt, erhofft er
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Title
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Subtitle
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Author
- Frank Stern
- Editor
- Barabara Eichinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2009
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 558
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519