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Peter Dusek
Sein erster Welterfolg war king kong (usa, R : Merian C. Cooper, Ernest B.
Schödsack) im Jahre 1933. Hier war der üppige Steiner’sche Klangteppich mit Leit-
motiven und spannungszwingender Wirkung voll ausgeprägt – erzeugt von einem
Achtzig-Mann-Orchester. Sowohl die Filmstudios Metro Goldwyn Mayer und War-
ner engagierten den Musiker aus Österreich, der auch so unterschiedliche Sujets wie
arsenic anD olD lace (usa 1944, R : Frank Capra) oder casablanca (usa
1944, R : Michael Curtiz) musikalisch illustrierte. Auch die berühmtesten Filme mit
Katherine Hepburn, Bette Davis oder die Musicals des Traumpaares Fred Astaire und
Ginger Rogers wurden von Max Steiner musikalisch realisiert. Er war einer der echten
österreichischen Kulturbotschafter, auch wenn ihn nach 1945 seine alte Heimat völlig
vergessen hatte. Am Ende seines arbeitsreichen Lebens erklärte er in einem Inter-
view, nie habe irgendjemand aus Österreich versucht, mit ihm in Kontakt zu treten.
Max Steiner starb am 28. Dezember 1971 vierundachtzigjährig in Hollywood. Sein
Nachlass befindet sich in den Vereinigten Staaten. Erst 2002 (!) – bei den Wiener
Festwochen – spielte man Steiner-Musik zur Eröffnung, und in der Saison 2006/2007
widmete sich Christoph Wagner-Trenkwitz den drei Steiners bei einem Nostalgie-
Abend in der Wiener Volksoper.
Wie sehr Max Steiner aber zeit seines Lebens mit dem Schicksal seiner Heimat ver-
bunden war, beweist ein Brief vom Jahreswechsel 1937/38. Sein Vater Gabor beklagt
sich darin, dass die Judenhetze auch im Ständestaat so groß geworden sei, dass er keine
Chancen sehe, weiterhin beim österreichischen Film zu arbeiten. Der Brief schließt mit
den Worten : „Wenn ich dich nicht hätte, wäre mir nichts zu tun möglich, als Schluss zu
machen.“ Nach dem „Anschluss“ verhalf Max Steiner seinem Vater zu einem Einreise-
visum in die usa – aber die österreichischen Roots waren nicht zu vergessen …
Auch der nächste hier vorgestellte österreichische Hollywood-Komponist war Sohn
eines berühmten Vaters – des so berühmten wie gefürchteten Pressekritikers Julius
Korngold, der seinen Sohn von klein an als Wunderkind puschte : Nicht nur seine Oper
Die tote Stadt hat sich bis heute im internationalen Opernrepertoire gehalten. Korngold
lieferte in den Kriegsjahren die Partituren zu vielen berühmten Hollywoodstreifen, die
ähnlich melodiös – zumeist noch „dramatischer“ – wie die Max Steiners waren. Seine
berühmtesten Filme sind the aDVentures oF robin hooD (usa 1938, R : Michael
Curtiz, William Keighley) mit Errol Flynn in der Hauptrolle oder die Film-Oper caP-
tain blooD (usa 1935, R : Michael Curtiz), auch mit Errol Flynn.
Erich Wolfgang Korngold war also – auch fern väterlicher Obhut – ein musika-
lisches Wunderkind. Im Alter von neun Jahren vermittelte ihn Gustav Mahler an
Zitat nach Peter Dusek, „Vom Winde verweht – österreichische Filmmusik in Hollywood. Anmerkun-
gen zu einem kaum erforschten Emigrantenkapitel“, Jüdisches Echo 51, Oktober 2002, S. 255.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Title
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Subtitle
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Author
- Frank Stern
- Editor
- Barabara Eichinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2009
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 558
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519