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SCHWARZKOPIE44
wuchs auf diese Weise rasend schnell. Bald wurden Ranglisten er-
stellt,die die Top-Uploader mit ihren Pseudonymen auf den Webwarez-
Sites auflisteten. Die Strukturen ähnelten sehr denen der ursprüng-
lichen Szene. Wie auch bei den Crackern entstand zwischen den
Websites ein Wettstreit: Den größten Ruhm ernteten die Sites, die
die meisten und aktuellsten Schwarzkopien anbieten konnten. Mit
Verachtung wurden hingegen jene Webwarez-Sites gestraft, die ihr
Angebot zu erweitern versuchten, indem sie lediglich Links zu den
Schwarzkopien auf anderen Websites setzten. Ihre Betreiber wurden
vom Rest der Szene als Linkstealer geächtet. Sie galten als Schma-
rotzer, die die Sammlungen anderer ausnutzten. Auch hier galt der
Grundsatz, daß nur eigene Arbeit mit Ruhm und dem Respekt der
Mitstreiter belohnt wurde.
Der Musik- und Softwareindustrie sowie den Strafverfolgungs-
behörden blieb das rege Treiben im Internet jedoch nicht lange ver-
borgen.Die ersten Diskussionen darüber,daß das Internet nicht län-
ger ein rechtsfreier Raum sein dürfe, kamen etwa ab 1996 in sämt-
lichen Medien auf.8 Durch die Industrie angetrieben, wurden auch
die Ermittler dazu veranlaßt, ihre Kompetenzen auf das Internet
auszuweiten. Da die Webwarez-Sites nicht im verborgenen organi-
siert waren, stellte es sich als nicht allzu schwierig heraus, gegen
ihre Betreiber vorzugehen. Außerdem wurden die Dienstleister, die
den Speicherplatz für Websites vergaben,verpflichtet,die Verantwor-
tung für ihre Dienstleistungen zu übernehmen.
Im Jahre 2000 war die Webwarez-Szene schließlich fast völlig aus-
gestorben. Heute gibt es aufgrund scharfer Kontrollen nur noch we-
nige Internetseiten, die über einen längeren Zeitraum Schwarzko-
pien zum freien Download bereithalten können.
Und doch zeigten die plötzlich entstandenen Webwarez eindrucks-
voll, wie groß auch bei den Gelegenheitskopierern der Wunsch nach
einer eigenen Szene war.Websites schienen zwar kein dauerhaft ge-
eigneter Ort für Schwarzkopien zu sein, das Internet hatte jedoch
dafür gesorgt, daß sich die Gelegenheitskopierer etwas in den Kopf
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No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Title
- No Copy
- Subtitle
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Authors
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Publisher
- Tropen Verlag
- Location
- Leipzig
- Date
- 2007
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Size
- 13.9 x 19.0 cm
- Pages
- 314
- Keywords
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Categories
- Medien
- Recht und Politik
Table of contents
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290