Page - 181 - in No Copy - Die Welt der digitalen Raubkopie
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letztlich für die vorteilhafteste Option und damit für das Kopieren
entscheiden.
Andere wiederum kopieren tatsächlich aus ideologischen Motiven
und benutzen prinzipiell Schwarzkopien.Sie sind dann zum Beispiel
der Meinung, Filme, Musik und Software sollten völlig frei erhältlich
sein,nach dem Motto »Freie Informationen für alle«.Einige sehen die
Benutzung illegaler Kopien als Protest gegen die aus ihrer Sicht über-
zogenen Preise der Hersteller an.Vor allem in bezug auf die Musik-
industrie ist das Argument verbreitet, die Plattenfirmen würden in
erster Linie ihre eigenen Künstler ausbeuten. Die Schädigung der
Plattenfirmen sei daher durchaus legitim. Auch Microsoft-Produkte
werden zum Teil aus Protesthaltung gegen den Softwaremonopoli-
sten kopiert.Weltweit dürften die Idealisten trotzdem nur für einen
kleinen Teil der Kopien verantwortlich sein.
Nicht zu unterschätzen ist der soziale Druck, der vom privaten
Umfeld der Schwarzkopierer ausgeht. In sozialen Gruppen, deren
Mitglieder in engem Kontakt zueinander stehen,ist das Teilen gewis-
ser Dinge eine Selbstverständlichkeit. Für Ian Condry vom MIT ist
das Kopieren von Musik sogar das einzig Logische, wenn man von
einem Mitbewohner, Familienmitglied oder Freund darum gebeten
wird. »Wenn man zum Beispiel in einem Uni-Wohnheim lebt, stellt
sich nicht die Frage, warum man das Urheberrecht nicht akzeptiert.
Die Frage ist, warum man Musik nicht teilen sollte.«20 Für ihn zählt
Musik zu den Dingen, die man üblicherweise verpflichtet ist zu tei-
len. Jemand, der sich weigert, kann schnell als Außenseiter abge-
stempelt werden.Laut Condry festigt die Weitergabe von Musik sozi-
ale Bindungen: Es bereite Menschen Freude, ihrem Umfeld bislang un-
bekannte Lieder zugänglich zu machen. Man könne sich dann über
den Künstler,neue Alben oder anstehende Konzerte unterhalten.
Auch für den Open-Source-Idealisten Richard Stallman stellt das
Teilen den wesentlichen Bestandteil einer Freundschaft dar. Freun-
de, die das Programmieren gemein haben, befinden sich allerdings
seiner Meinung nach in einem Dilemma.Ersucht ein Freund den an-
181RAUB,
KOPIE,
PHILOSOPHIE180
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No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Title
- No Copy
- Subtitle
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Authors
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Publisher
- Tropen Verlag
- Location
- Leipzig
- Date
- 2007
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Size
- 13.9 x 19.0 cm
- Pages
- 314
- Keywords
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Categories
- Medien
- Recht und Politik
Table of contents
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290