Page - 245 - in No Copy - Die Welt der digitalen Raubkopie
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Das Problem beider Angebote war,daß sie keine Songs der Konkur-
renz anboten. Suchte ein Nutzer ein Musikstück, mußte er wissen,
mit welcher Plattenfirma der Künstler einen Vertrag hatte, und sich
dann in deren Angebotsportal begeben. Die Nutzer reagierten daher
mit Ablehnung.Sie wünschten sich ein vollständiges Angebot,so wie
sie es von den illegalen Tauschbörsen gewohnt waren.Zudem waren
die Bedingungen der Portale alles andere als kundenfreundlich. Bei
MusicNet konnten die Nutzer anfangs nur 100 Titel pro Monat her-
unterladen.Wollten sie im nächsten Monat weitere Lieder herunter-
laden, mußten sie dafür alte Titel löschen. Zudem ließen sich die
Downloads weder auf CD brennen noch auf einen tragbaren MP3-
Player überspielen. Bei pressplay durfte der Nutzer auf eine CD nur
zwei Musikstücke desselben Künstlers brennen.
Überdies war das Preismodell der Portale unübersichtlich und teu-
er.Selbst im günstigsten Fall waren 120 Dollar pro Jahr zu zahlen,für
die der Nutzer aber nur insgesamt 360 Lieder herunterladen durfte.
Folgerichtig konnten beide Downloadportale nie die Gunst der Inter-
netnutzer gewinnen und verschwanden bald wieder vom Markt.Die
legalen Angebote hatten es nicht geschafft, mit den illegalen mitzu-
halten. In einem Vergleichstest des Magazins Der Spiegel aus dem Jahr
2004 bot nur ein Downloadportal die aktuellen Top ten der Single-
charts an: die zumeist illegal genutzte Tauschbörse Kazaa.43
Dabei hatte Forrester Research schon 2000 die nötige Strategie für
die Musikindustrie skizziert: »Unabhängig davon, ob die traditionel-
len Verlage Napster für richtig oder falsch halten, müssen sie sich
darauf konzentrieren, Napster in ihrem eigenen Spiel zu schlagen.
Sie müssen überzeugende Dienste ins Leben rufen mit den Inhalten,
in den Formaten und in den Geschäftsmodellen, die die Konsumen-
ten verlangen«, stellte Analyst Eric Scheirer fest.Angesichts der Kla-
gen der Musikindustrie gegen Napster empfahl er, die Tauschbörse
vielmehr als Mitbewerber zu betrachten.44
Tatsächlich ist eine Schwarzkopie, wirtschaftlich betrachtet, ein
mit dem Original identisches Produkt zu einem günstigeren Preis.Da
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book No Copy - Die Welt der digitalen Raubkopie"
No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Title
- No Copy
- Subtitle
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Authors
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Publisher
- Tropen Verlag
- Location
- Leipzig
- Date
- 2007
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Size
- 13.9 x 19.0 cm
- Pages
- 314
- Keywords
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Categories
- Medien
- Recht und Politik
Table of contents
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290