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Geschichte
Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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24 Einführung infolge von Meinungsunterschieden mit der kirchlichen Obrigkeit. Wenn Menschen etwa den Priester nicht akzeptierten und ihre Kinder daher nicht von ihm taufen ließen, bedeutete es noch keinen Konflikt um den richti- gen Glauben  – vielmehr war es ein Konflikt um die weltlich sichtbare Ebene der Religion, sprich: um die Priester, die Organisationen, die Rituale. Dabei zeigte sich ein Konkurrenzkampf um das religiöse Feld zwischen der »offizi- ellen« Kirche (den kirchlichen Obrigkeiten) und den »einfachen« Kirchgän- gern. Die katholische Kirche stellte dabei den Raum der Konflikte dar  – nicht (nur) physikalisch-räumlich, sondern vielmehr im Sinne von Geltungsbe- reich und Bezugspunkt15  –, in dem sich die Gewalthandlungen ereigneten bzw. auf den sich diese Handlungen letztendlich bezogen. In den untersuchten Konflikten ging es demnach um die Frage, wer die Ressourcen im kirchlichen Raum kontrollieren dürfe und solle: die tradier- ten Autoritäten wie die Priester? Die nationalistischen Agitatoren, die diese Ressourcen für das politische Feld fruchtbar machen wollten? Die lokalen Akteure, die ihr Kirchenleben vor Ort, ohne den katholischen Glauben auf- zugeben, immer mehr mitbestimmen wollten? Im Mittelpunkt der Konflikte stand also die Frage, wem der kirchliche Raum gehört. Diese Frage betrifft nicht die Richtigkeit einer Lehre, sondern die gesellschaftliche Teilhabe innerhalb desselben religiösen Referenzrahmens. Auch wenn die Gewalt in gewisser Hinsicht religionsbezogen war, waren die Motive in Europa nicht mehr primär religiös (wie etwa in den frühneuzeitlichen Religionskriegen). Einerseits wurde selbst der »katholische Raum« pluraler, vielschichtiger. Andererseits lagen der Gewalt andere (meist politische und / oder soziale) Komponenten, Gründe, Differenzen zugrunde.16 Rogers Brubaker stellt dementsprechend fest, dass moderne Konflikte um den kirchlichen Raum eigentlich nicht religiös, sondern vielmehr politisch motiviert seien.17 Die Konflikte innerhalb desselben religiösen Feldes entstehen nicht um theo- logische Unterschiede, sondern um die Machtfrage  – diese mag zwar mit theologischen Konsequenzen (in puncto, wer die Lehre bestimmt) zusam- menhängen, aber sie ist primär politischer Natur.18 Auch im Falle des Küs- 15 Zur Begrifflichkeit vom »Gewaltraum« als einem Handlungs- und Geltungsbereich gewalttätiger Akte siehe  u. a. Ulrike Jureit, Raum und Gewalt. Eine Einleitung, in: Dies. (Hg.), Umkämpfte Räume. Raumbilder, Ordnungswille und Gewaltmobilisie- rung, Göttingen 2016, S.  9–25, hier S.  10. 16 Zur Frage, wie säkulare Differenzen die »religiöse Gewalt« im 19.  Jahrhundert bestimmten, siehe Eveline G.  Bouwers, Die Wandlungen im Verhältnis von Glaube und Gewalt im 19.  Jahrhundert, in: Dies. (Hg.), Glaubenskämpfe, S.  337–345, hier  S.  339. 17 Rogers Brubaker, Religious Dimensions of Political Conflict and Violence, in: Sociological Theory 33 (2015), S.  1–19, hier S.  4. 18 Kwame Anthony Appiah, The Lies that Bind. Rethinking Identity, New York / Lon- don 2019, S.  40.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Title
Umkämpfte Kirche
Subtitle
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Author
Péter Techet
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Size
15.9 x 23.5 cm
Pages
310
Keywords
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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