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91Konflikte
um die Nationalisierung
mitteleuropäisch-balkanisch geprägten) Teil der kleinen Halbinsel stamm-
ten, auch wenn Istrien nach den napoleonischen Kriegen unter österreichi-
sche Herrschaft geriet.14 Erst unter der habsburgischen Herrschaft wurde
Istrien zu einer administrativen Einheit.15 Österreich organisierte das Gebiet
samt den Kvarner-Inseln (Veglia / Krk, Lussin / Lošinj, Cherso / Cres usw.)
als Markgrafschaft mit eigenem Landtag.16 Die Halbinsel als eigenes Kron-
land gehörte neben der Gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska sowie der
reichsunmittelbaren Stadt Triest zum sog. Österreichischen Küstenland, dem
ein aus Wien ernannter Statthalter in Triest vorstand. Die politischen Debat-
ten spielten sich im istrianischen Landtag (Dieta / Sabor) in Parenzo / Poreč
ab, der eine öffentlichkeitswirksame, aber die Realität nur begrenzt wider-
spiegelnde politische Bühne für die »Nationalitätenkonflikte« darbot, wo die
nationalistischen Kräfte (aller Nationalitäten) und die kirchlichen Autoritä-
ten zusammentrafen.17
Innerhalb Österreichs war Istrien eines der religiös homogensten (das
heißt fast ausschließlich katholischen)18 und ethnisch heterogensten Kron-
länder. Daher galt der Raum
– wie Reinhard Johler schreibt
– als »ein getreues
Abbild des Vielvölkerstaates«.19 Istrien stand in den Wiener Diskursen pars
pro toto dafür, was sich die prohabsburgischen Kreise gern als eine imperiale,
nicht ethnisch gebundene Österreich-Identität vorstellten.20 Die ethnische,
sprachliche Vielfalt erzeugte in Istrien eine gelebte und praktizierte Multi-
kulturalität mit Mischidentitäten und Mischsprachen. Besonders im länd-
lichen Hinterland waren ethnisch-sprachliche Mischungen stark vorhan-
den.21 Mehrere Ethnien lebten nicht nur nebeneinander, sondern ineinander
14 Zur österreichischen Geschichte von Istrien siehe u. a. Maja Ćutić Gorup, Istrien
zur Zeit der österreichischen Herrschaft, in: Stojić / Pintarić Pavić (Hg.), Kroa-
tiens Küste, S. 41–53.
15 Egidio Ivetic, La popolazione dell’ Istria nell’ eta moderna [Die Bevölkerung vom
Istrien in der Neuzeit], Rovigno 1997, S. 40.
16 D’ Alessio, Il cuore conteso, S. 48ff.
17 Zur geschichtlichen Bedeutung des istrianischen Landtages siehe u. a. Petar Strčić,
Prilog povijesti istarskog sabora (1861.–1916.) [Beitrag zum istrianischen Landtag
(1861–1916)], in: Arhivski vjesnik 34 / 35 (1991 / 1992), S. 53–64.
18 In Istrien stellten die anderen Religionsgemeinschaften wirklich eine quantité
négligeable dar: Nur unter den deutschsprachigen Bewohnern in einigen Städten
mit deutschsprachiger Tradition sowie den Urlaubsorten der ost-istrianischen Küste
(etwa im eleganten Kurort Abbazia / Opatija) waren Judentum und Protestantismus
sporadisch vorhanden.
19 Reinhard Johler, »Hibridismus«, Istrien, die Volkskunde und die Kulturtheorie, in:
Zeitschrift für Volkskunde 108 (2012), S.
1–21, hier S.
8, zum großen Interesse an der
Halbinsel in der österreichischen Volkskunde siehe ebd., S. 15f.
20 Ebd., S. 11f.
21 Lidija Nikočević, State Culture and the Laboratory of Peoples. Istrian Ethnography
during the Austro-Hungarian Monarchy, in: Narodna umjetnost 43 (2006), S.
41–57,
hier S. 44f., 54f.
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Umkämpfte Kirche
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Title
- Umkämpfte Kirche
- Subtitle
- Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Author
- Péter Techet
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35696-4
- Size
- 15.9 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
- Danksagung 13
- Vorwort 15
- 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
- 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
- 3. Österreichisches Küstenland 85
- 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
- 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
- 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
- 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
- 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
- 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
- 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
- 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
- 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
- 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
- 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
- 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
- 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
- Ausblick 257
- Quellen- und Literaturverzeichnis 263
- Archivmaterial 263
- Bibliotheken 265
- Zeitungen 265
- Digitale Sammlungen 267
- Zeitgenössische Literatur 267
- Sekundärliteratur 268
- Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
- Personen 295
- Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
- Abkürzungen 299
- Register 301
- 1. Ortsregister 301
- 2. Personenregister 303