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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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99Konflikte um die Nationalisierung also eine Forderung der kroatisch-nationalistischen Kreise, in seinem Bis- tum entschieden bekämpfte.50 Er galt als Verfechter des lateinischen Cha- rakters der lokalen Kirche.51 Auch Don Angelo Palaoro, der als Missionar aus Visignano / Višnjan beim bischöflichen Empfang in Visinada / Vižinada mitgeholfen hatte, war italienischer Abstammung. Einige Jahre zuvor war er aus dem italienischsprachigen Teil von Tirol nach Istrien gekommen. In Istrien kritisierte er die altslawischen Tendenzen in der katholischen Kir- che.52 Insofern wären Anfeindungen gegen Bischof Flapp oder Don Palaoro eher von den kroatischsprachigen Kirchgängern zu erwarten gewesen. Der Magistrat und einige italienischsprachige Bewohner von Visinada / Vižinada nahmen diese Geistlichen dennoch als »kroatisch« wahr. »Kroatisch« bedeu- tete in diesem Falle nicht (nur) eine nationale Zuschreibung  – die im Falle von Monsignore Flapp und Don Palaoro nicht einmal objektiv stimmte  –, sondern vielmehr stand es für »klerikal«. Die Kirche galt in der national- liberalen, italienischsprachigen Öffentlichkeit Istriens als ein »kroatischer« Raum. Diese nationale Markierung ermöglichte gleichzeitig eine nationale Kaschierung antiklerikaler Positionen. Beim bischöflichen Besuch in Visinada / Vižinada zeigte sich die antikle- rikale Ausrichtung der angeblich nur »antikroatischen« Protestaktionen. Der Magistrat nahm etwa die Ortsflagge vom Rathaus bei der Ankunft des Bischofes ab  – als Zeichen dafür, dass er in Visinada / Vižinada kein will- kommener Gast war. Auf die Nachfrage will der Magistrat nur wegen des andauernden Regens die Flagge eingezogen haben. Die ganze Nacht vor dem Besuch regnete es tatsächlich, aber der Magistrat holte die Flagge erst am Vormittag, also während des Besuches des Bischofs, ein, als das Wetter viel besser geworden war. Don Palaoro berichtete außerdem darüber, dass eine gelb-weiße päpstliche Fahne, die er zur Begrüßung des Bischofs ausgehängt hatte, in der Nacht vor dem Besuch entfernt worden sei. Ein solcher Akt lässt sich nicht mit innerkatholischen, vermeintlich national motivierten Span- nungen erklären  – er richtete sich nicht bloß gegen Katholiken anderer Mut- tersprache, sondern auch gegen die ganze Kirche und ihre Repräsentanten wie den örtlichen Pfarrer, den Bischof und letztendlich die päpstliche Macht. Die Wiener christlich-soziale Tageszeitung Reichspost nahm die Ereignisse in Visinada / Vižinada dementsprechend  – entgegen dem Haupttenor der anderen Zeitungen  – nicht als nationalistischen, sondern als antikirchlichen 50 Zu Flapps Position bezüglich der altslawischen Liturgiesprache siehe Gottsmann, Rom und die nationalen Katholizismen, S.  72f. 51 Blasina, Die Kirche und die nationale Frage, S.  184ff. 52 Milanović, Hrvatski narodni preporod u Istri, S.  330.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Title
Umkämpfte Kirche
Subtitle
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Author
Péter Techet
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Size
15.9 x 23.5 cm
Pages
310
Keywords
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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