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Geschichte
Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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177Konflikte im Bistum Senj die Agitation der Geistlichkeit der Zengger [Senjer] Diöcese zu Gunsten der slawi- schen Liturgie immer größere Dimensionen annehme, und obwohl vorderhand nicht zu befürchten sei, daß dieselbe auch in breiteren Schichten der Bevölkerung eindringe, dies doch nicht ausgeschlossen sei.18 Die altslawische Liturgiesprache drang jedoch nicht von unten in die Öffent- lichkeit ein: Es war nicht die Forderung der Kirchgänger vor Ort. Das Bis- tum Senj und der dortige kroatischsprachige Klerus engagierten sich für die Einführung dieser Praxis. Sie werden wohl gedacht haben, dass die kroa- tischsprachigen Katholiken darauf positiv reagieren würden  – es fehlte der nationale Gegner innerhalb der lokalen Kirchen, die die altslawische Litur- giesprache aus nationalistischen Gründen abgelehnt hätten, wie es der Fall etwa in den österreichischen Bistümern des Küstenlandes war. Dort führte die altslawische Liturgiesprache  – infolge der ethnisch-nationalen Heteroge- nität der dortigen katholischen Kirchengemeinden  – zu innerkatholischen Querelen und Streitigkeiten (Kapitel  3.1). Das Bistum Senj, dessen Kirchen- gemeinden bis auf die Hafenstadt Fiume / Rijeka nur kroatischsprachig und ländlich geprägt waren, schien ein idealer Raum für die altslawische Litur- giesprache zu sein. Ein diplomatisches Ereignis zwischen dem Hl.  Stuhl und dem kürzlich unabhängig gewordenen Montenegro ermöglichte den Druck neuer Messbü- cher, die in den betreffenden Pfarreien seit Langem fehlten. Infolge des vati- kanisch-montenegrinischen Konkordates (1886) wurde dem katholischen Erzbistum Bar / Antivari in Montenegro erlaubt, altslawische Messbücher zu verwenden.19 Zuerst war geplant, dass die Messbücher in kyrillischer Schrift verfasst werden sollten, aber später rückte der Hl.  Stuhl von dieser Idee ab, welche besonders in Wien wegen ihrer panslawisch-prorussisch bedienbaren Richtung auf vollkommene Ablehnung stieß  – die Messbücher wurden mit glagolitischen Buchstaben, das heißt einer längst »ausgestorbenen« Schrift, angefertigt.20 Die katholische Bevölkerung des montenegrinischen Erzbis- tums war aber mehrheitlich nicht slawischer (montenegrinischer), sondern albanischer Abstammung. Auch die Priester waren italienisch- oder alba- nischsprachig, insofern benötigten sie das Privileg der altslawischen Sprache 18 Szapáry an den K. K. Minister, Gustav von Kálnoky (10.  Dezember 1891), in: ÖStA, HHStA, Akten zur »Slawischen Liturgie«, PA XI 261, Liasse Rom V/6 (weiter: Slawi- sche Liturgie, V/6), fol.  162 [Hervorhebung von mir]. 19 Über das Konkordat mit Montenegro siehe  u. a. Andreas Gottsmann, Papst Leo  XIII und die »jugoslawische« Versuchung. Montenegro, San Girolamo und die südslawische Frage in der Diplomatie des Hl.  Stuhls, in: Römische Historische Mit- teilungen  49 (2007), S.  457–510, hier S.  458ff. 20 Ebd., S.  472ff.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Title
Umkämpfte Kirche
Subtitle
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Author
Péter Techet
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Size
15.9 x 23.5 cm
Pages
310
Keywords
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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