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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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206 Ungarisch-Kroatisches Küstenland tel  3.1): Die italienischsprachigen Katholiken in Istrien konnten eine Messe, die nur für die kroatisch- und slowenischsprachigen Katholiken verständlich war, nicht akzeptieren. In einem solchen Kontext konnten die kroatisch- und slowenischsprachigen Katholiken ihre Forderungen nur proaktiv vortragen. Auch in Istrien wollten die kroatisch- oder slowenischsprachigen Katholiken, wie das Konfliktbeispiel aus Ricmanje zeigte (Kapitel  3.2), muttersprachli- che (und nicht altslawische) Gottesdienste einführen. In Lika-Krbava hin- gegen verstanden die kroatischsprachigen Katholiken ihre Messen. Diese wurden in kroatischer Sprache zelebriert, die Kirchgänger brauchten kein neues Privileg. Daher verteidigten sie ihre bestehende Situation reaktiv. Die unterschiedliche Haltung gegenüber der altslawischen Liturgie erklärt sich also nicht aus der ethnisch-sprachlichen Zusammensetzung einer Region, sondern aus der Taktik, ob die kroatisch- oder slowenischsprachigen Katho- liken die muttersprachlichen Gottesdienste proaktiv verlangen (mit Hinweis auf die altslawische Liturgie »herausprovozieren«) oder reaktiv beschüt- zen  mussten. Bogović versucht, die Akzeptanz oder die Ablehnung der altslawischen Liturgiesprache unter kroatischsprachigen Katholiken des oberadriatischen Raumes im Kontext des »Nationalitätenkonfliktes« zu erklären, als ob sich die diesbezüglichen unterschiedlichen Positionen der kroatischsprachigen Katholiken von der Perspektive eines »nationalen Anderen«, dem gegenüber sie sich verortet hätten, erklären lassen. Diese Erklärung ist aber zweifach problematisch. Einerseits forderten die kroatisch- (oder slowenisch-)sprachi- gen Katholiken in Istrien nicht die Einführung altslawischer Liturgien, son- dern jene der muttersprachlichen Gottesdienste. Was in Lika-Krbava schon erreicht worden war (die kroatischsprachigen Gottesdienste), musste in Ist- rien noch erkämpft werden. Dabei  – und es ist meine zweite Gegenthese  – stellte nicht die andere Nationalität, sondern die (oft ebenso kroatisch- oder slowenischsprachige) kirchliche Obrigkeit den Gegenpart dar. Sowohl in Ist- rien als auch in Lika-Krbava war die kirchliche Obrigkeit, auch wenn ein Bischof slowenischer oder kroatischer Abstammung war, gegen die verlangte oder bereits praktizierte muttersprachliche Liturgie auf der lokalen Ebene. In beiden ländlichen Teilen des Küstenlandes ging es um die muttersprach- liche (und nicht die altslawische) Liturgie, die gegenüber der kirchlichen Obrigkeit proaktiv erkämpft (Istrien) oder reaktiv beibehalten (Lika-Krbava) werden  musste. Entsprechend der Richtung der Ansprüche  – ob sie proaktiv oder reak- tiv erhoben wurden  –, konnten sie freilich im Kontext der »Nationalitäten- frage«  – entweder als Nationalismus (Istrien) oder als nationale Indifferenz (Lika-Krbava)  – (miss)verstanden werden (darüber siehe Kapitel  5.1.2). In einer solchen Erklärung werden jedoch die Abhängigkeiten sowie die Inter- essen der lokalen Akteure verkannt. Insofern ging es den lokalen Akteuren
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Title
Umkämpfte Kirche
Subtitle
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Author
Péter Techet
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Size
15.9 x 23.5 cm
Pages
310
Keywords
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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