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zweite Frau waren anscheinend bemüht, in den überlieferten Dokumenten
gut wegzukommen. Insofern ist das Gesamtbild, das sich aus den im Nachlass
befind lichen Briefen ergibt, noch einmal eigens zu hinterfragen.13
Eine weitere Schwierigkeit lag darin, dass der Nachlass vorwiegend Doku-
mente ab dem Jahr 1938 umfasst, angeb
lich gingen alle Unterlagen aus den Jah-
ren davor bei der Flucht vor den Na
tionalsozialisten verloren oder wurden gar
nicht erst mitgenommen.14 Aber nicht nur die Zeit vor 1938 war schwierig zu
rekonstruieren, auch für die Jahre 1962 bis 1974 bot die private Korrespondenz
wenig Ergiebiges.
Sehr gut dokumentiert ist hingegen der Zeitabschnitt zwischen 1941 und
1942, als Ernst Lothar und seine Frau räum
lich voneinander getrennt lebten
und sich täg lich schrieben, manchmal sogar mehrmals am Tag. Dieser exten-
sive Briefwechsel gibt Aufschluss über Lothars schriftstellerisches Arbeiten, den
Entstehungsprozess seiner Romane, seine Verhandlungen mit Verlagshäusern.
In seiner Autobiographie sucht man derlei Auskünfte vergebens, Lothar
erwähnt hier nur einige wenige Titel seiner Bücher, zu deren Inhalt er sich
manchmal in ein, zwei Sätzen äußert; mehr oder minder zufällig erfährt man,
dass seine Romane hauptsäch lich beim Zsolnay Verlag, der auch die Autobio-
graphie publizierte, erschienen sind. Zu seinen schriftstellerischen Anfängen,
zu Rückschlägen und eventuellen Problemen äußert sich Lothar in Das Wunder
des Überlebens nicht, auch hinsicht
lich seiner Theateraktivitäten wird der Leser
großteils im Dunkeln gelassen. Über seine Ansichten, seine Einstellung zu den
Schauspielern, mit denen er zusammengearbeitet hat, über Direktoren, Bühnen-
und Kostümbildner, über Regiefragen geben die in seinem Nachlass erhaltenen
Briefe allerdings sehr wohl Auskunft. Allgemeinere Betrachtungen zum Theater
hat Lothar in einem eigenen Band seiner Ausgewählten Werke veröffent
licht, der
den Titel Macht und Ohnmacht des Theaters trägt.
In seinem Memoirenbuch verwertet Lothar Auszüge aus seinen gut 30 bis
35 Jahre zuvor erschienenen Feuilletons, er bringt Originaldokumente, wie
einen an seine Frau gerichteten Abschiedsbrief aus dem Jahr 1938 oder ein für
13 Es haben natür lich auch Dokumente in diese Arbeit Eingang gefunden, die der Lothar’schen
Zensur entzogen waren, da sie sich nicht in seinem Besitz befanden: seine Briefe an Zeitge-
nossen und vor allem auch jene Briefe aus der Zeit, als er erst damit begann, sich einen Namen
zu machen.
14 In der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus finden sich vereinzelt Dokumente
aus den Jahren vor 1938, ebenso in der Handschriftensammlung der Österreichischen Na
tio-
nalbibliothek. Auch in einigen deutschen und amerikanischen Archiven wird man diesbezüg-
lich fündig.
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Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478