Seite - 36 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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er den Sieg, sein Name ist in aller Munde, das Volk liebt ihn, der Prinz verleiht
ihm einen neuen, ihm zu Ehren gestifteten Orden. Am Höhepunkt des Ruhms
angelangt, wendet sich das Blatt, auf die Siege folgt eine schwere Niederlage,
und Usta wird nach einer Audienz beim obersten Kriegsherrn ohne Dank ent-
lassen. Auch bei der Presse, seinen Mitbürgern und schließ lich beim ganzen
Volk fällt der Feldherr in Ungnade und wird verhöhnt. Enttäuscht feht er zu
Gott um die Niederlage seines Vaterlands. »[T]ief ergreifend wirkt der bis ins
kleinste analysierte see lische Zusammenbruch des verbitterten Mannes, der nur
einen Gedanken nach dem schweren Unrechte, das ihm geschehen, in der Brust
trägt: seines Nachfolgers Fiasko, nach dem er, ein neuer John Gabriel Borkman,
sicher erwartet, als Retter aufgerufen zu werden«, lobt hier auch von Weilen.51
Manch ein Leser des Feldherrn kam zu der Überzeugung, dass Lothar in
diesem Roman entweder das Schicksal des Feldzeugmeisters Ludwig August
Ritter von Benedek schildere,52 der die Armee Franz Josephs I. in der Schlacht
von Königgrätz 1866 gegen die preußische Armee führte, oder aber das Scheitern
des österreichisch- ungarischen Generalstabschefs Franz Conrad von Hötzen-
dorf im Ersten Weltkrieg beschreibe.
Trotz allfälliger Parallelen zwischen Usta und Hötzendorf wies der Großteil
der Rezensenten darauf hin, dass Ernst Lothars Feldherr »von Verknüpfungen
mit dem Weltkrieg absicht lich ferngehalten« sei (Hamburger Nachrichten), »jede
lokale Bezeichnung, jede orientierende Angabe« 53 vermeide und es vergeb
lich
sei, »das, was sich in diesem Roman begibt, auf bestimmte Personen und Ört-
lichkeiten zu deuten« (Westermanns Monatshefte). Dennoch mag das Schicksal
Hötzendorfs Lothar als Anregung bzw. Vorlage, die be- und verarbeitet wird,
gedient haben, ihn die historische Figur in psycholo
gischer Hinsicht gereizt haben.
Die Kritiker, die zum Teil eine Übersättigung des Markts mit Kriegsbüchern
orteten, hielten Lothars Werk nicht für einen »Kriegsroman im gewöhn lichen
Sinne«, sondern nahmen es, wie etwa Berliner Na tionalzeitung und Bayerische
Staatszeitung, vor allem als Charakterstudie wahr. Westermanns Monatshefte fühl-
ten sich in diesem Zusammenhang »versucht, in dem Verfasser einen österrei-
chischen Nachkommen Fontanes anzusprechen« 54. Die Wiener Mittags-
Zeitung
51 Ebd.
52 Vgl. ebd. Einige dachten auch an General Moritz von Auffenberg (1852 – 1928).
53 Ebd.
54 Auszug aus der Rezension in Westermanns Monatsheften, als Verlagswerbung in Lothars Roman
Irr licht der Welt 1921 abgedruckt. Hier sind auch Teile der Kritiken folgender Zeitungen zu
finden: Der Bund (Bern), Kölnische Volkszeitung, Berliner Tageblatt, Frankfurter Zeitung, Berliner
1890 – 1925: Literarische
Nachwuchshoffnung36
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478