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in einer Aufage von 5000 Stück im Speidel Verlag,64 der im selben Jahr auch
ein weiteres Lothar-
Werk mit einer Startaufage von 3000 Stück veröffent
lichte:
Gottes Garten. Ein Buch von Kindern.65
Im Herbst 1932 kaufte der Zsolnay Verlag, zu dem Ernst Lothar seit 1928
Kontakt hatte, Speidel die Rechte und Restbestände von Gottes Garten gegen eine
Pauschale ab und brachte das Buch im November unter dem Titel Kinder. Erste
Erlebnisse 66 in einer neu bearbeiteten Ausgabe auf den Markt. Das Werk wurde
1934 verramscht, auch wenn es dem lesefreudigen Publikum von den Kritikern
ans Herz gelegt worden war: »Von allen Erzählungen, die von Kindern handeln,
dürfte dieses Buch eines der eigenartigsten, tiefsten und schönsten sein.« 67 Diese
»Folge verknüpfter Novellen oder eigent lich Erinnerungen, die ein Vater seinen
Kindern widmet«,68 beruht auf Feuilletons, die Lothar in der Neuen Freien Presse
veröffent
licht hatte. In kurzen Erzählungen berichtet er über Ereignisse aus dem
Leben seiner beiden Töchter. Diese Geschichten von Kindern für Erwachsene
wurden in einer von der Verlagswerbung verwendeten Rezension des Pester Lloyd
mit Thomas Manns 1925 erschienener Novelle Unordnung und frühes Leid ver-
g lichen, in der Mann die eigenen Familienverhältnisse selbstironisch schildert.
Lothars Vorbild hierbei aber war Theodor Herzl, der ebenfalls in den von ihm
geschriebenen Feuilletons über seine Kinder »unvergleich lich« berichtet hatte.69
Während Zsolnay also Gottes Garten von der Speidel’schen Verlagsbuchhand-
lung übernimmt, bleibt diese auf der Lothar’schen Novelle Drei Tage und eine
Nacht sitzen. Die wie ein fünfaktiges Drama konzipierte Novelle erzählt die
Geschichte der 26-jährigen herzkranken Anna Wieser, die erfährt, dass sie nur
noch ein halbes Jahr zu leben hat. Ihrem langjährigen Liebhaber, einem verhei-
rateten Universitätsprofessor und Familienvater, vertraut sie dies nicht an. Viel-
mehr erkennt sie in den auf die ärzt liche Diagnose folgenden drei Tagen, dass er
64 EL: Drei Tage und eine Nacht. Novelle. Wien, Leipzig: Speidel 1927. 166 S.
65 EL: Gottes Garten. Ein Buch von Kindern. Wien, Leipzig: Speidel 1927. 189 S.
66 EL: Kinder. Erste Erlebnisse. 4.–6. Tsd. des neu bearbeiteten und vermehrten Buches Gottes
Garten. Wien, Berlin, Leipzig: Zsolnay 1932. 185 S.
67 Albert Leitich: Kinder. Erste Erlebnisse. Von Ernst Lothar. In: Die Literatur, 35 (1932 – 33), S. 297.
Hans Maurer: Ernst Lothar. Gottes Garten. Ein Buch von Kindern. In: Reichspost, 16. 5. 1927,
S. 8; Dr. L. B.: Ernst Lothar: »Kinder.« (Paul Zsolnay Verlag. Wien). In: Neues Wiener Abend-
blatt, 1. 9. 1933, S. 4.
68 Theodor Lücke: Ernst Lothar. »Drei Tage und eine Nacht« und »Gottes Garten« (F. G. Spei-
delsche Verlagsbuchhandlung Wien). In: Die literarische Welt. Unabhängiges Organ für das
deutsche Schrifttum, 22 (1927), S. 6.
69 Vgl. EL: Das Wunder des Überlebens, S. 53.
1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor
sind«64
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478