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denunziatorische Mithilfe österreichischer Naziautoren, das Ziel hatten, politisch
opposi tionelle österreichische Autoren vom deutschen Markt auszuschließen.97
Von 1933 bis 1935 wurde langsam, aber konsequent ein bürokratischer Appa-
rat zur Überwachung des deutschen Buchmarkts aufgebaut: Überwachung
der Autoren, Verlagslenkung, Steuerung des Buchhandels und Kontrolle des
Büchereiwesens. 1935 wurden die ersten Bücherverbotslisten vom Ministerium
für Volksaufklärung und Propaganda angelegt, dann wurde diese Aufgabe der
Reichsschrifttumskammer übertragen. Ende 1938 standen nicht weniger als 4175
Einzeltitel und 565 Autoren mit ihrem Gesamtwerk auf dem Index der »Liste
des schäd lichen und unerwünschten Schrifttums«. Diese Liste umfasste »Bücher
und Schriften, die das na tionalsozialistische Kulturwollen gefährden« 98; ihre Ver-
breitung durch öffent lich zugäng
liche Büchereien und durch den Buchhandel in
jeder Form wurde dementsprechend untersagt. In Amsterdam wurde bereits 1933
eine deutsche Verlagsgesellschaft gegründet, welche die Werke der in Deutsch-
land verbotenen Schriftsteller herausgeben wollte: die deutsche Abteilung des
Amsterdamer Verlags Allert de Lange (1933 – 1940).99
Der Schutzverband deutscher Schriftsteller in Österreich protestierte 1933
gegen die Bücherverbrennungen im na
tionalsozialistischen Deutschland,100
die Concordia bezog nur gegen die Einschränkung der Pressefreiheit öffent-
lich Stellung, nicht aber gegen die Bücherverbotslisten in Deutschland und
Österreich.101 Auch der Österreichische P. E. N.-Club – ein Ableger des 1921 in
London entstandenen Interna tionalen P. E. N.-Clubs 102 – unter seinem Präsi-
denten Felix Salten sollte Farbe bekennen. Der erste Präsident des im Juli 1923
gegründeten Österreichischen P. E. N. war Arthur Schnitzler gewesen, Grete von
Urbanitzky die erste Generalsekretärin. Lothar scheint von Anfang an Mitglied
des P. E. N.-Clubs gewesen zu sein, nachweis lich war er es aber seit Dezember
1923. Ende Oktober 1927 wurde ein neuer Präsident gesucht, nach mehreren Sit-
zungen fiel die Wahl auf den von Ernst Lothar vorgeschlagenen Felix Salten.103
Bei dem in Ragusa/Dubrovnik stattfindenden XI. Kongress des Interna-
tionalen P. E. N.-Clubs im Mai 1933 waren die Verfolgung und Inhaftierung
97 Klaus Amann: P. E. N., S. 22.
98 Manfred Hirschegger und Werner Schlachter: Verbotene Bücher 1938, S. 21, 32.
99 Neue Freie Presse, 4. 5. 1933, S. 4; vgl. dazu Kerstin Schoor: Verlagsarbeit im Exil.
100 Vgl. Neue Freie Presse, 9. 5. 1933, S. 4.
101 Vgl. Peter Eppel: »Concordia soll ihr Name sein …«, S. 243.
102 P. E. N. ist die Abkürzung für »Poets, Essayists, Novelists«.
103 Vgl. Roman Roček (Hg.): Glanz und Elend des P. E. N., S. 39, 62.
1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor
sind«70
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Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478