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Aufgrund der Resolu
tion der 25 P. E. N.-Mitglieder traten die als Nazisympa-
thisanten bekannten Schriftsteller, wie Mirko Jelusich, Egon Caesar Conte Corti,
Robert Hohlbaum und Bruno Brehm, demonstrativ aus dem Österreichischen
P. E. N.-Club aus.115 Die Austrittsbewegung nahm im Laufe des Jahres 1933 fast
epidemischen Charakter an: Kurz vor dem Kongress in Dubrovnik hatte der Club
182 Mitglieder,116 bis Dezember verließen ihn 53 Mitglieder, darunter Hermann
Bahr, Richard Coudenhove-
Kalergi, Franz Karl Ginzkey, Max Mell und Hans
Nüchtern.117 1933 trat auch Felix Salten aus dem P. E. N. aus, genauso wie Siegfried
Trebitsch und Paul Zsolnay. Der Paul Zsolnay Verlag, Österreichs größter bel-
letristischer Verlag, war aus wirtschaft
lichen Gründen nicht in der Lage, Werke
der »im Reich« unerwünschten Autoren zu verlegen. Denn Zsolnay vertrieb den
Großteil seiner Produk
tion in Deutschland: 1934 beispielsweise setzte er zwölf
Prozent seiner Bücher in Österreich ab, 68 Prozent in Deutschland, 20 Prozent
im übrigen Ausland.118 Daher begann Paul Zsolnay schon 1933, sich den neuen
politischen Verhältnissen anzupassen, indem er etwa 1934 den na
tionalen österrei-
chischen Dichtern anbot, ihnen mit seinem Verlag eine Publika
tionsbasis zu bieten.
Der Rest, der nach dieser »Spaltung« den »Rumpf« des P. E. N.-Clubs aus-
machte, bestand u. a. aus Raoul Auernheimer, Ernst Lothar, Robert Neumann,
Rudolf Jeremias Kreutz, Robert Musil, Franz Werfel, Stefan Zweig, Alexander
Lernet-
Holenia, Julius Korngold, Sigmund Freud und einigen Journalisten.119
Im Herbst des Jahres 1933, nach der Verabschiedung der P. E. N.-Resolu
tion
und Urbanitzkys Boykottaufruf, begann in Teilen der rechtslastigen Presse eine
Hetzkampagne gegen Ernst Lothar. Besonders das 12-Uhr-
Blatt, die Mittagsaus-
gabe der Neuen Zeitung, schoss sich neben seinen Angriffen auf Werfel, Ullmann,
Kerr, Salten und Sil-
Vara vor allem auf den »überheizten Ethiker« Lothar ein:120
Ernst Lothar … Paul Zsolnay Verlag … Neue Freie Presse […]: jeder, der auch nur
ein bißchen in den semitischen Literaturbetrieb dieses frei lich schon zusammen-
brechenden Zeitalters hineingeblickt hat, kennt die Kette, deren Glieder ich eben
genannt habe, und sein Grausen hat keine Grenze. […]
115 Vgl. Neue Freie Presse, 29. 6. 1933, S. 7; Wiener Allgemeine Zeitung, 29. 6. 1933, S. 5 f.; Johann
Sonnleitner: Die Geschäfte des Herrn Robert Hohlbaum, S. 180.
116 Vgl. Roman Roček (Hg.): Glanz und Elend des P. E. N., S. 141.
117 Vgl. Klaus Amann: P. E. N., S. 49.
118 Gerhard Renner: Österreichische Schriftsteller und der Na tionalsozialismus, S. 137.
119 Vgl. Roman Roček (Hg.): Glanz und Elend des P. E. N., S. 141.
120 12-Uhr-
Blatt, 25. 11. 1933, S. 4; ebd., 4. 10. 1933, S. 4 und 28. 10. 1933, S. 4.
Gegenseitigkeitskorruption und »unerwünschtes Schrifttum« 73
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478