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spanische Violinist Pablo de Sarasate (»Zigeunerzug einer Geige«) sowie die
»Schauspielerin Rachel, Geliebte eines Kaisers« (gemeint ist wohl Elizabeth-
Rachel Félix, 1821 – 1858). Lothar wollte mit der Zeit alle diese Bücher schreiben,
war aber bereit, dasjenige Projekt vorzuziehen, das dem Verlag am meisten zusagte.
Das letzte Angebot, das Lothar Allert de Lange unterbreitete, bezog sich auf
ein Werk, das »weder Roman noch Biographie« ist, »sondern eine Darstellung,
die einer wichtigen Weltfrage gilt; diese wird methodisch und dokumentarisch
seit ihrer uralten Entstehung bis in die Gegenwart behandelt«. Allerdings hält
sich Lothar in Bezug auf dieses Vorhaben sehr bedeckt, möchte Näheres dar-
über nur münd lich mitteilen. Dem ersten an den Verlag gerichteten Schrei-
ben ist zu entnehmen, dass er dachte, dieser Stoff würde auch in Amerika sehr
interessieren und dieses Werk könnte unter seinen Büchern »auf das größte
Publikum rechnen«, »da es sich um eine dokumentarische, unanfechtbare Dar-
stellung von weltbestimmenden Dingen handelt« 18. Um welche weltbewegen-
den Dinge es sich drehen sollte, ist nicht bekannt, bekundete Allert de Lange
doch an keinem dieser Vorhaben sonder liches Interesse.19 Dies könnte vielleicht
auch daran liegen, dass der Verlag bemüht war, politische Konfronta tion zu ver-
meiden. Mehrfach scheint den Interven tionen deutscher Stellen nachgegeben
worden zu sein, manche Bücher wurden beispielsweise wegen ihrer »politischen
Aggressivität« abgelehnt.20
Nach der Absage de Langes nahmen Lothar und seine Frau Kontakt zu
Bekannten, Freunden und Arbeitskollegen auf, die in den USA lebten, und baten
um Hilfe und Perspektiven. Max Reinhardt und Helene Thimig waren eine
Anlaufsta
tion. Die beiden dachten, dass Lothar aufgrund seiner »dichterisch-
dramatur
gischen Fähigkeiten« für das Radio arbeiten sollte oder aber dass er –
gleich Bruno Frank – eine realistische Chance hätte, als »Storyschreiber« beim
Film unterzukommen.21
Neben Reinhardt und seiner Frau wurde auch auf Otto Preminger, Lothars
Vorgänger am Theater in der Josefstadt und angeb licher Entdecker Lothars als
18 Brief von EL an den Allert de Lange Verlag. Einigen am Thunersee, 7. April 1938. a. a. O., 29/261.
19 In Lothars Dokumenten findet sich kein Schreiben des niederländischen Verlags, auch sind die
beiden zitierten Briefe Lothars an Allert de Lange die einzigen, die sich in dem Verlagsarchiv
befinden. – Der Verlag gewähre keinerlei Vorfinanzierungen und würde nur an einem bereits in
Teilen ausgearbeiteten Manuskript interessiert sein, geht noch aus einem Schreiben des Verlags
an Lothar vom 25. April 1938 hervor.
20 Vgl. Hans Würzner und Karl Kröhnke (Hg.): Deutsche Literatur im Exil in den Niederlanden
1933 – 1940, S. 180.
21 Vgl. Briefe von Helene Thimig an AG. Hollywood, 20. April und 12. Mai 1938. WBR, ZPH 922a.
1938 – 1946:
Exil140
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478