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geeignet, den franzö sischen Gästen einen Begriff von österreichischer Kunst
und Kultur zu geben.« 66
Obwohl Frankreich zunächst als Ausweg erschien und Lothar überlegt hatte,
zu bleiben, falls sich alles gut entwickeln würde, musste er seine diesbezüg-
lichen Hoffnungen bald aufgeben: »Denn in Paris durften Fremde zwar arbeiten,
doch sie bekamen keine Arbeit.« 67 Lothar war daher in ständiger finanzieller
Not und gezwungen, sich Geld auszuborgen.68 Über den ungewissen Status
als Emigrant und die momentane Situa
tion hält er in einem Brief an Richard
Beer-
Hofmann fest:
Von uns berichten wollen, hieße einen endlos grauen Faden abspulen. Die Fremde
sieht sich nur sehr von weitem als freund licher Aufenthalt an, in der Nähe büßt man
zu dem übrigen auch diese Illusion ein. Immerhin, man lebt, und wenn das auch
nicht wichtig und noch weniger erfreu lich ist, so erscheint es Sportungeübten unter
den Umständen als sport
liche Leistung. Ob wir hier oder wo anders bleiben, ist ganz
ungewiß. Man gewöhnt sich, Pläne nur bis übermorgen zu machen, da das Vage die
Sicherheit ist[,] die einem blieb.69
Auch hatte sich Ende 1938 die Lage für die Flüchtlinge in Paris verschlechtert.
Seit dem Attentat des 17-jährigen Herschel Feibel Grynszpan auf den deut-
schen Botschaftssekretär Ernst Eduard vom Rath, das in Deutschland selbst
als Vorwand für die Novemberpogrome 1938 diente (»Reichskristallnacht«),70
»wehte ein Vichy- Lüftchen über den Boulevards« 71. Die franzö sische Regie-
rung Daladier schuf die gesetz
liche Grundlage zur Internierung sogenannter
Teilnehmer zustande gekommen sind, irgendwann gesendet werden wird« (Brief von EL an
Hans Müller- Einigen. o. O. [Paris], o. D. [1938/39]. ÖTM, ZA Hans Müller- Einigen. E 220).
66 Die Österreichische Post, 15. 2. 1939, S. 8.
67 EL: Das Wunder des Überlebens, S. 134. – Die Emigranten, die nach 1933, in der zweiten großen
Welle 1938 oder 1939 nach Frankreich kamen, hatten »kaum mehr eine Chance, hier eine neue
Existenzgrundlage zu finden« (Julia Franke: »Von Haien umgeben«. Existenzerhaltung jüdischer
Emigranten in Paris, S. 69 f.).
68 Vgl. Brief von EL an Hans Müller- Einigen. o. O. [Paris], o. D. [1938/39]. ÖTM, ZA Hans
Müller- Einigen. E 220.
69 Brief von EL an Richard Beer- Hofmann. Paris, 3. Januar 1939. Houghton Library, Harvard
College Library, Harvard University; MS Ger 183 (331).
70 Vgl. Stefanie Schüler- Springorum: Masseneinweisungen in Konzentra tionslager, S. 160 f.
71 EL: Das Wunder des Überlebens, S. 142.
Emigrant 149
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478