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Auch ein zweites Unterfangen, das Lothar parallel zu seiner Österrei
chischen
Bühne betrieben hatte, nahm gegen Ende des Jahres 1940 einen negativen Ausgang.
Bereits im Januar 1940 erhielt Thomas Mann ein Die Gründung des »Princeton-
Theaters« und der »Princeton-
Festspiele« betiteltes Exposé Lothars, das er nebst
einem »Befürwortungsbrief« umgehend dem Rektor der Princeton University
zukommen ließ.140 In diesem Abriss legte Lothar seine Idee dar, an der Universität
ein Theater zu gründen und ein Theaterfestival stattfinden zu lassen. Geplant war
»ein ständiges Schauspieltheater von höchstem künstlerischen Rang«, das jedes
Jahr in eng
lischer Sprache und mit amerikanischen Schauspielern Stücke im
gesamten Gebiet der USA zeigen sollte. Wichtig wären günstige Eintrittspreise
und »Freivorstellungen für Studenten und Unbemittelte«, um außer der künstle-
rischen auch die soziale Bedeutung des Unternehmens sicherzustellen.141
Das Besondere für US-Verhältnisse sei, dass es ein »konsequent geleitetes, vom
selben Zentralhaus aus weithin wirkendes, mit ständigem Ensemble versehenes
Schauspieltheater mit wechselndem Spielpan« sein sollte. In Amerika näm
lich
würden die Ensembles je nach Stück zusammengestellt, und nach Aufführungs-
ende zerstreuten sich die Schauspieler in alle Winde. Die Schauspieler dieses
»neu zu begründenden amerikanischen Na tionaltheaters« 142 hingegen sollten
durch langfristige Verträge gebunden und daher besser gestellt werden als die
für einzelne Produk tionen verpfichteten. Pro Spielzeit sollten 12 Stücke aufge-
führt werden, und zwar »je 3 Klassiker der Weltliteratur, die wegen ihrer bisher
unterschätzten Bedeutung für die Gegenwart […] neu zu entdecken sind« 143,
»je 3 europäische Dramatiker der Jahrhundertwende, die auf die Entwicklung
des amerikanischen Dramas Einfuß hatten« sowie »je 6 Werke der modernen
dramatischen Produk tion, wobei alljähr lich mindestens 3 Werke Uraufführun-
gen lebender amerikanischer Dramatiker sein sollen«. Für die »modernen Neu-
aufführungen« lägen Lothar und seinem aus »Dramatikern, Theaterdirektoren,
Regisseuren, Schauspielern und Bühnenbildnern« bestehendem Team »neue
Werke von Bourdet, Maugham, Molnár, Giraudoux und Coward« vor.144
140 Vgl. Brief von Thomas Mann an EL. Princeton, 2. Januar 1940. WBR, ZPH 922a. Bereits am
9. Januar 1940 hatte Mann Lothars Plan sowie seine Befürwortung desselben der Universi-
tätsleitung schrift
lich mitgeteilt (vgl. Brief von Christian Gauss an Thomas Mann. Princeton,
23. Februar 1940. a. a. O.).
141 EL: Die Gründung des »Princeton-
Theaters« und der »Princeton- Festspiele«. Exposé.
Typoskript. 9 Seiten. WBR, ZPH 922a, S. 1, 9.
142 Ebd., S. 3.
143 Ebd., S. 4 f.
144 Ebd., S. 6.
Eine »Österreichische Bühne« in New York 165
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478