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Vortrag überhaupt reichten.149 Nun lernte Lothar in einer von Quäkern betrie-
benen Emigrantenschule, und von ihnen mit kleinen Summen unterstützt,
Eng lisch, bis er es sprach, schrieb und in der Lage war, den Entwurf zu einem
neuen Buch einem anderen als seinem bisherigen Verleger Putnam mitzutei-
len.150 Es sollte auf Tagebuchnotizen beruhen, die eine von Lothars Kolleginnen
aus der Sprachschule angeb
lich »in die Freiheit gerettet« hatte 151 – de facto eine
Erfindung Lothars.152
Dieses Tagebuch einer Wienerin wurde von dem kanadischen Schriftsteller
Thomas Bertram Costain, der seit 1939 als Lektor für den Doubleday-
Verlag
arbeitete und den Lothar durch Franz Horch und Carl Zuckmayer kennen-
gelernt hatte, für seinen Arbeitgeber akzeptiert.153 Der Doubleday-
Verlag, 1897
von dem Hutmachersohn Frank Nelson Doubleday gegründet, war Anfang der
1930er Jahre das größte Verlagshaus der eng lischsprachigen Welt. In den USA
gehörten ihm einige der bedeutendsten Buchgemeinschaften, darüber hinaus
hatte der Verlag Buchhandlungen in mehreren amerikanischen Städten und
besaß eigene Druckereien, Buchbindereien sowie eine Buchhandelskette, die
überall in den USA vertreten war. Schließ
lich gründete Doubleday auch seinen
eigenen Buchklub samt Versandhandel.154 Der Verlag selbst war sehr kommer-
ziell orientiert und erwartete von seinen Autoren hohe Aufagen.155
Über die Entstehung von Lothars erstem Exilroman ist so gut wie nichts
bekannt,156 existieren doch weder Vorarbeiten, Skizzen oder Ausarbeitungsstu-
fen des Romans noch finden sich in seiner Korrespondenz Hinweise zu seiner
Arbeit daran.157 Einzig in einem Brief vom 7. Juli 1940 an Raoul Auernheimer
charakterisiert er das Geschriebene kurz als »eine Frauenbeichte, Tagebuch
149 Vgl. Brief von Christian Gauss an Thomas Mann. Princeton, 23. Februar 1940. a. a. O.
150 EL: Das Wunder des Überlebens, S. 167.
151 Vgl. ebd.
152 Vgl. Brief von EL an AG. Bard [Annandale- on- Hudson], 14. August 1941. WBR, ZPH 922a.
153 Vgl. Telegramm von EL an AG. New York, 4. Februar 1940. a. a. O.
154 Thomas Lehning: Das Medienhaus. Geschichte und Gegenwart des Bertelsmann-
Konzerns,
S. 107.
155 Vgl. Wulf Koepke: Exilautoren und ihre deutschen und amerikanischen Verleger in New York,
S. 1421.
156 In seiner Autobiographie spricht Lothar nur davon, dass er den Roman auf einer Bank im
Central Park geschrieben habe und dass er ihn in Abständen dem Verlagslektor zeigte (EL:
Das Wunder des Überlebens, S. 167).
157 Adrienne Gessner erwähnt in einem Schreiben, dass Lothar im Sommer 1940 an dem Buch
arbeitete (Brief von AG an Heinrich Schnitzler. Wolfeboro, 12. Juli 1940. ÖTM, Nachlass
Heinrich Schnitzler, E 4812 Schn. 33/20/17).
Eine »Österreichische Bühne« in New York 167
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478