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sich unter anderem mit der Geschichte des Dramas; der Drama Club pausierte
in diesem Semester. Zu Semesterbeginn hatte Lothar der College-
Leitung den
Vorschlag unterbreitet, »unter den Auspices des Colleges, ein[en] Community
Theater Workshop (städtisches Theaterseminar)« abzuhalten, »3 mal je am Abend
eine Stunde, für acting, playreading, playwriting. Ohne Gebühr. Eine Spende an
die Community – entsprechend dem Stiftungs-
Gedanken –, wo Schauspiel-
unterricht u. Talentprüfung, auch Talentfindung stattfindet (auch für angehende
Dramatiker etc.). Daraus kann, wenn genug Talent vorhanden, irgendwann die
Produk
tion eines Stückes folgen.« 308 Dieser Vorschlag wurde angenommen, und
Lothar wurde als »Leiter, Lehrer u. Assistent in einem« 309 bestimmt. Als der
Commu
nity Theatre Workshop zum ersten Mal seine Türen öffnete, kamen statt
der von Lothar erhofften 20 – 25 Personen (»Nur keine Verantwortung u. mög-
lichst wenig Produk
tionen.« 310) hundert. Lothar beschloss, sie in drei Gruppen
einzuteilen, zu prüfen und schließ lich 30 Teilnehmer zu behalten.311 Über die
Arbeit mit dem Community Theatre Workshop, der Macbeth oder Richard III.
zur Aufführung bringen wollte,312 berichtet Lothar Adrienne, dass die Teilnehmer
»völlig talentlos« seien und er nach den Proben immer eine Weile brauche, »um
den Alpdruck loszuwerden« 313:
Die Probe war eine einzige Katastrophe, die Schauspieler stolperten buchstäb
lich bei
jedem 4. Satz und da sie so blutige Dilletanten [sic] sind, können sie sich nicht hel-
fen; sie hören die brüllende Souffeuse nicht […]. […] Kurz: unbeschreib lich. Nimm
als nächsten Faktor, daß die Stage-
Crew, lauter Kinder oder Ahnungslose, zu jeder
Verwandlung mehr als 10 Minuten braucht […], während denen die von Molnár so
oft erwähnte »Schlacht« mit Schreien u. Donnern auf der Bühne herrscht u. den
Zuschauerraum über jedes Detail des »Strikens« informiert, […] stelle Dir ferner vor,
daß in der mindestens 30mal geprobten Mordszene der Leichnam springlebendig
beide Arme bewegte – zur ungemischten Erheiterung der stage crew – sonst keine
Zuschauer –, so hast Du ein ungefähres Bild dieses Chaos.314
308 Brief von EL an AG. Colorado Springs, 24. September 1942. a. a. O.
309 Ebd., vgl. dazu auch: Ernst Lothar will conduct new theatre workshop. In: Colorado College
Alumni News 9/1, Oktober 1942, S. 4.
310 Brief von EL an AG. Colorado Springs, 24. September 1942. WBR, ZPH 922a.
311 Vgl. Brief von EL an AG. Colorado Springs, 13. Oktober 1942. a. a. O.
312 Vgl. Brief von EL an AG. Colorado Springs, 26. Oktober 1942. a. a. O.
313 Vgl. Brief von EL an AG. Colorado Springs, 27. Oktober 1942. a. a. O.
314 Brief von EL an AG. Colorado Springs, 24. September 1942. a. a. O. 1938 – 1946:
Exil196
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478