Seite - 198 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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Staatsbürgerschaft zu beantragen,323 während man etwa an der Ostküste sieben
Jahre dafür vorweisen müsse. Doch Adrienne wollte ihre Tournee fortsetzen,
fürchtete wohl um ihre Unabhängigkeit und ihren Beruf. Lothar versuchte zwar,
sie zu beschwichtigen, allerdings vergebens:
[W]ir [sind] ja kein Wald- und Wiesenpaar, sondern Leute, die Hitler hinter sich u.
alles, außer einander, verloren haben […]. Wir haben unsere »Solomons« (die übri-
gens katastrophal stehen) bereits hinter uns. Du tust immer so, als hätte ich meine
Qualleistung nicht schon aktiv erbracht, u. ebenso Du die Deine. Mehr als ein Kind
sterben sehen u. das Rückgrat gebrochen haben (samt dem Verlust von Vermögen,
Stellung, Land und Sprache) kann man kaum leisten. Die nächste Sta tion ist schon
der Tod. […] Du glaubst doch nicht, daß ich eine housewife aus Dir machen will?!!
Du bist eine große Schauspielerin, u. hast es zu bleiben.324
So tourte Lothar nun mit Adrienne durch die Vereinigten Staaten von Ame-
rika: Claudia, das Stück, in dem Adrienne auftrat, wurde zunächst in New York
gespielt, dann in Philadelphia, Chicago, Denver – wo Lothar, wie bereits erwähnt,
zur Truppe stieß –, Los Angeles, San Francisco, Seattle, Toronto (Kanada),325
Buffalo, Pittsburgh.
Kurz vor seiner Abreise hatte Lothar dem Verlag für den »Haus- Roman«
den Titel Der Engel mit der Posaune vorgeschlagen, und Costain gefiel die Idee,
diesen aus der Heraldik zu wählen.326 Der Engel mit der Posaune sollte das
Wappen jener Familie sein, die das Haus in Lothars im Entstehen begriffenen
Roman bewohnt.
Da sich Doubledays Vertriebsabteilung dafür entschieden hatte, Beneath
Another Sun als Weihnachtsgeschenk für den Buchhandel zu propagieren, was
die Verkaufszahlen ankurbeln sollte, drängte der Verlag Lothar, die Korrekturen
rasch zu Ende zu bringen, da das Buch am 10. Dezember 1942 für den Verkauf
fertig sein sollte. Lothar, der nun gezwungen war, Tag und Nacht zu korrigie-
ren, hielt erfreut fest:
323 »[W]enn man hier 6 Monate gelebt hat u. nachher ›residence‹ hier unterhält (wozu genug ist,
einen Schirm u. Kleider irgendwo in einer Wohnung stehen zu haben, ›property‹) […]« (Brief
von EL an AG. Colorado Springs, 29. Oktober 1942. WBR, ZPH 922a).
324 Ebd.
325 Vgl. Adrienne Gessner: Ich möchte gern was Gutes sagen, S. 142 – 149.
326 Vgl. Brief von EL an AG. Colorado Springs, 19. November 1942. WBR, ZPH 922a.
1938 – 1946:
Exil198
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478