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sie dem vergangenen Regime zu nahegestanden hätten« 27. Über sein erstes Tref-
fen mit dem amerikanischen Kulturoffizier berichtet Stoß:
So ist zum Beispiel Hofrat Ernst Lothar, als er aus der Emigra
tion nach Wien zurück-
kehrte, zunächst so erbittert über das vergangene Regime gewesen, daß er vorgab, nicht
mehr deutsch zu verstehen. Ich mußte also meine ersten Verhandlungen, in meiner
Eigenschaft als Präsident des Wiener Theaterdirektorenverbandes, mit ihm mittels
einer Dolmetscherin führen. Das heißt: Ich sprach deutsch, Hofrat Lothar saß mit
steinernem Gesicht da, als ob er kein Wort verstanden hätte, und Frau Gustl Mayer
übersetzte ins Eng lische; dann erst antwortete mir Lothar eng lisch. Für mich war
die Übersetzung wirk lich nötig, weil ich Eng lisch nicht verstehe, und so verkehrten
wir miteinander überaus mühsam. Lothar sprach einige Jahre danach übrigens wie-
der sehr gut deutsch.28
Nach einigen Monaten beschäftigte sich Ernst Lothar nur mehr sporadisch
mit Entnazifizierungsfällen, da die Theater- und Musikabteilung keinerlei Ent-
scheidungs-, sondern nur mehr Beratungsfunk tion hatte.29 Auch waren sich
die Mitarbeiter der Theatre & Music Sec tion bewusst, dass »eine gründ liche
Entnazifizierung unter den österreichischen Kulturschaffenden längerfristig
zum Zusammenbruch des österreichischen Kulturlebens der unmittelbaren
Nachkriegszeit geführt hätte« 30. Nun lag Lothars Augenmerk auf der Verbrei-
tung amerikanischer Theaterstücke. Allerdings durften ausschließ lich Werke
aufgeführt werden, die auf einer Liste der zum War Department gehörenden
»Reorienta
tion Branch« verzeichnet waren.31 Unterstützt wurden hauptsäch
lich
»Aufführungen von Klassikern des modernen US-Dramas und demokratische
27 Franz Stoß: Man ging wieder ins Theater, S. 240.
28 Ebd.
29 Vgl. Brief von Lawrence K. Ladue (ISB) an EL. o. O., 21. Februar 1947 sowie Memorandum.
Actors and Musicians banned by The Allies. o. O., 21. Mai 1947. WBR, ZPH 922a. Vgl. auch
Dieter Stiefel: Entnazifizierung in Österreich, S. 34.
30 Otto Karner: Kulturpolitische Rahmenbedingungen in Österreich am Beginn der Zweiten
Republik, S. 41.
31 In seinem »Bericht über das Film- und Theaterleben« hält Carl Zuckmayer für die amerika-
nischen Behörden fest: »Dr. Lothar leistet zweifellos gute Arbeit beim Vertrieb aller ameri-
kanischen Stücke, die durch das Kriegsministerium, zumeist durch die Vermittlung der ICD
Berlin, zur Verfügung stehen. Aber ich habe […] Zweifel, ob ISB die Autorität und die richtige
Vorgehensweise hat, um das österreichische Kulturleben in positiver Richtung zu beeinflussen«
(Gunther Nickel (Hg.): Carl Zuckmayer. Deutschlandbericht, S. 184). 1946 – 1950:
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Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478